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Harnsteintherapie

 
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BeitragVerfasst am: 12.10.04, 08:51    Titel: Harnsteintherapie Antworten mit Zitat

06.10.2004

Erfolgreiche Harnsteintherapie mit alpha1-Rezeptorblocker

alpha1-Rezeptorblocker wurden bisher in der Standardtherapie des Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS) bei BPH eingesetzt. Die Ergebnisse mehrerer europäischer Studien zeigen nun, dass diese Substanzen nicht nur LUTS verbessern, sondern dass sie auch den Abgang kleinerer Harnsteine aus den unteren Harnwegen beschleunigen können.

Volkskrankheit Harnsteine

Zwischen 8 und 15% aller Europäer sind von Harnsteinen betroffen. Das Leiden hat damit bereits den Charakter einer Volkskrankheit angenommen. Warum es zur Ausbildung eines Steinleidens kommt, ist nicht völlig geklärt. Zu den Risikofaktoren zählen Diabetes, Gicht, Nierenerkrankungen, aber auch unzureichende Flüssigkeitszufuhr, der Überkonsum von Fleisch und Immobilisation, wie etwa nach einem Knochenbruch. Aber auch eine gewisse familiäre Disposition kann eine Rolle spielen. Männer erkranken dreimal häufiger als Frauen.

70% aller Calculi sind im unteren Drittel des Harnleiters lokalisiert. Beim Transport der Steine von der Niere in die Blase und von dort in den Harnleiter treten drei für den Betroffenen unangenehme Begleiterscheinungen auf: Spasmen der glatten Muskelzellen, submukosale Ödeme und Schmerzen. Bestimmende Faktoren sind dabei die Struktur der Steine, ihre Lokalisation und ihre Anzahl. Die Beseitigung und Ausscheidung hängen nicht nur von Größe und Form der Harnsteine, sondern auch von der Kontraktilität und der Reizung der Adenorezeptoren in den glatten Muskelzellen der Harnleiter und des Blasenschließmuskels ab.

First-Line-Therapie bei LUTS

Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gilt die Zertrümmerung von Harnsteinen mittels extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) als State-of-the-Art-Behandlung. Rezente Studiendaten weisen nun darauf hin, dass auch medikamentöse Interventionen, wie etwa mit dem alpha1-Rezeptorblocker Tamsulosin (Alna®), zum spontanen Abgang von Steinen bis zu einer Größe von rund zehn Millimetern führen können.

In der Behandlung von LUTS sind alpha1-Rezeptorblocker bereits heute Mittel der Wahl. Diese Medikamente senken den Tonus der glatten Muskulatur, was die Symptome der Obstruktion der Harnwege und der LUTS lindert. In den Studien wurde daher von der Annahme ausgegangen, dass Tamsulosin auch zu einem rascheren Spontanabgang kleinerer Calculi, bei deutlich geringerem Analgetikaverbrauch, beitragen kann.

Raschere Passage und Ausscheidung

Daten aus drei europäischen Studien stützen eine solche Annahme mittlerweile. So zeigen die Ergebnisse einer bereits im Jahr 2002 im Fachjournal International Urology and Nephrology veröffentlichten Arbeit von Cercenakov et al.1 einen deutlich rascheren Steinabgang unter Tamsulosin. An der randomisierten, doppelblinden Studie nahmen 104 Patienten mit einem mittleren Alter von 47 Jahren teil. Bei den Probanden wurde mittels Röntgenbild eine mediane Steingröße von rund 10mm ermittelt, die in den unteren Harnwegen lokalisiert waren.

Die Patienten – das Verhältnis Männer zu Frauen betrug 2:1 – wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe A, mit 51 evaluierbaren Teilnehmern, erhielt die Standardtherapie, bestehend aus den Medikamenten 50mg Tramal, 5mg Diazepam i.v. sowie dreimal zwei Tabletten Yellon 20mg täglich und Veral dreimal täglich 50mg. Gruppe B erhielt die gleiche Therapie, zusätzlich jedoch Tamsulosin, 0,4mg/die. 80,4% der Teilnehmer, die den alpha1-Rezeptorblocker Alna erhalten hatten, schieden den Stein während der medikamentösen Therapie aus, aber nur 62,8% jener unter Standardtherapie. Nierenkoliken traten dabei in der Tamsulosingruppe nur bei einem von acht Probanden auf. In der Standardtherapiegruppe war jeder Fünfte von einer Nierenkolik betroffen.

Steine in den unteren Harnwegen

Auch zwei kürzlich veröffentlichte italienische Studien von Dellabella et al.2 von der klinischen Abteilung für Urologie an der Universitätsklinik Ancona zeigten ähnliche Ergebnisse. Dabei wurden zwischen Jänner 2001 und August 2003 210 symptomatische Patienten mit radiodichten Harnsteinen in den unteren Harnwegen in drei Behandlungsarme randomisiert. Gruppe A (70 Teilnehmer) erhielt dreimal täglich das lokale Spasmolytikum Floroglucine-Trimetossibenzene (Spasmex). Gruppe B (70 Teilnehmer) wurde mit 0,4mg Tamsulosin täglich behandelt und Gruppe C (70 Teilnehmer) erhielt 30mg Nifedipin pro Tag. Jede Gruppe wurde zusätzlich über 10 Tage mit 30mg Deflazacort und über acht Tage mit Cotrimoxazol zweimal täglich therapiert. Diclofenac 75mg wurde nach Bedarf intramuskulär gespritzt. Die Ärzte begleiteten die Teilnehmer über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg, dabei wurde auch einmal pro Woche eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen. Die Forscher ermittelten die Steingröße, die Abgangsrate und -zeit, die Verwendung von Analgetika, die Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage sowie den Bedarf an endoskopischen Eingriffen.

Weniger Analgetika notwendig

Im Ergebnis war die Abgangsrate in der Gruppe, die Tamsulosin erhalten hatte, mit 97,1% signifikant höher als in Gruppe A mit 65,7% und in Gruppe C mit 75,6%. Der Abgang der Steine erfolgte in der Tamsulosingruppe gegenüber den Vergleichsgruppen in signifikant kürzerer Zeit, mit einem geringeren Verbrauch von Diclofenac und weniger Krankenstandstagen.

Steinabgang garantiert

Noch deutlicher zeigten sich diese Ergebnisse in einer weiteren Arbeit von Dellabella et al.3 Dabei wurden 60 symptomatische Patienten mit blasennahen Steinen im Ureter in zwei Gruppen randomisiert. Gruppe 1 (30 Teilnehmer) erhielt eine orale Therapie mit Floroglucine-Trimetossibenzene dreimal täglich, Gruppe 2 (30 Teilnehmer) wurde mit 0,4mg Tamsulosin therapiert. Ansonsten folgten das Therapieregime sowie die wöchentlichen Untersuchungen und die Ultraschallkontrolle der bereits zuvor zitierten Dellabella-Studie.

Als Resultat zeigte sich in der Tamsulosingruppe eine Abgangsrate von 100% bei einer mittleren Dauer von 65,7 Stunden. In Gruppe 1 dauerte der Abgang der Steine im Mittel 111,1 Stunden und erfolgte in lediglich 70% der Fälle (Abb.). Die mittlere Steingröße lag in der Tamsulosingruppe bei 6,7mm und in der Gruppe 1 bei 5,8mm. Die mittlere Steingröße war damit in der Tamsulosingruppe signifikant größer. Durchschnittlich benötigte jeder Patient in der Gruppe 2 0,13 Diclofenac-Injektionen versus 2,83 Injektionen in Gruppe 1 (p<0,0001). In der Tamsulosingruppe musste kein Patient hospitalisiert und/oder endoskopiert werden. Ins Krankenhaus mussten dagegen 10 Patienten aus Gruppe 1, neun von ihnen mussten sich einem endoskopischen Eingriff unterziehen, da kein spontaner Steinabgang erfolgte.

Fazit

Insgesamt erhöhte Tamsulosin die Abgangsrate und verringerte Abgangszeit, Hospitalisierungsrate und die Anzahl der endoskopischen Eingriffe sowie den Verbrauch von Schmerzmitteln. Die Therapie ist – im Vergleich zur Endoskopie – kostengünstiger und kann auch in einem ambulanten Setting durchgeführt werden. Weitere Studien sollen nun den Stellenwert der Therapie validieren.

Tamsulosin ist unter dem Handelsnamen Alna in Österreich seit dem Jahr 1996 zur Behandlung funktioneller Symptome der benignen Prostatahyperplasie zugelassen und in Form von Retard-Kapseln 0,4mg erhältlich.

Autor:
Sabine Fisch

Quelle des Artikels Erfolgreiche Harnsteintherapie mit alpha1-Rezeptorblocker:
Literatur:

1 Cercenakov I, Fillo J, Mardia J, Kopecny M, Smira la J, Lepies P: Speedy elimination of ureterolithiasis in lower part of ureters with the alpha 1-blocker-Tamsulosin. Int Urol Nephrol 2002; 34(1): 25-9

2 Dellabella M, Milanese G, Muzzonigro G: The medical expulsive therapy for distal ureteral stones: Which is the optimal choice? J Urol 2004; (Suppl): 303

3 Dellabella M, Milanese G, Muzzonigro G: Efficacy of tamsulosin in the medical management of juxtavesical ureteral stones. J Urol 2003 Dec; 170 (6 Pt 1): 2202-5

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