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Ronchopathie

 
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Fee-chen
Interessierter


Anmeldungsdatum: 20.10.2004
Beiträge: 5
Wohnort: Essen

BeitragVerfasst am: 20.10.04, 13:24    Titel: Ronchopathie Antworten mit Zitat

Hallo.

Mein Lebensgefährte leidet seit Jahren an massiven Schnarchen und Atempausen. Eine stattgefundene Untersuchung konnte das sog. Schlafapnoesyndrom bisher ausschliessen, stattdessen wurde die Diagnose "Ronchopathie" gestellt. Diese Verdickung der Nasenwände wird jetzt mit einem kortisonhaltigen Nasenspray behandelt. Sollte diese erfolgreich sein, also das Schnarchen und die Atempausen wesentlich besser werden, wird eine dementsprechende OP in Erwägung gezogen.

Hat jemand Erfahrungen mit der Kortisontherapie und/ oder der Nasen-OP gemacht?
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Martin Stadler
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 12.10.2004
Beiträge: 3329

BeitragVerfasst am: 20.10.04, 15:12    Titel: Re: Ronchopathie Antworten mit Zitat

Hallo!

Die Begriffe "Rhonchopathie" und "Schlafapnoe" (und deren Varianten) sind nicht eindeutig zu trennen Ausrufezeichen

Man unterscheidet zunächst 2 große Gruppen sog. schlafbezogener Atemstörungen (SAS):
- SAS ohne Obstruktion (Verlegung) der oberen Atemwege, z. B.:
-- primäre und sekundäre alveoläre Hypoventilation (verminderte Belüftung der Lungenbläschen)
-- zentrale Apnoe
-- asynchrones Atmen
- SAS mit Obstruktion:
-- partielle Obstruktion = "obstruktives Schnarchen"
-- komplette Obstruktion (Okklusion) = "obstruktive Schlafapnoe"

Idee Bei allen obstruktiven SAS gehört das Schnarchen praktisch zum Leitsymptom, daher werden obstruktive SAS auch als Rhonchopathien bezeichnet!
(OSAS steht übrigens für "obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom)

Das Schnarchen entsteht durch Engstellen der oberen Luftwege, meist aber hinter der Nase, bis zur Glottis (Stimmbandritze im Kehlkopf). Ein erhöhter Nasenwiderstand bzw. eine Nasenatmungsbehinderung ist ein prädisponierender Faktor, jedoch nie die alleinige Ursache von SAS!
Das Schnarchgeräusch entsteht praktisch durch Vibrationen der Rachenwand, und zwar meist im Bereich des weichen Gaumens und des Gaumenzäpfchens (Uvula), seltener auch durch Vibrationen im Bereich des unteren Rachens (Hypopharynx) oder der Epiglottis (Kehldeckel). Schnarchgeräusche und obstruktive Apnoen, welche also vor allem in der mittleren Rachenebene (Oropharynx) entstehen, sind durch eine gestörte Regulation und Abstimmung zwischen Atemzentrum (verlängertes Mark des Gehirns, Hirnstamm) und dem peripheren Atemapparat bedingt. Im Normalfall sorgt dieser Regelkreis während der verschiedenen Schlafstadien durch eine differenzierte Innervierung verschiedener Rachenmuskeln und der Muskeln für Brust- und Bauchatmung für einen stabilen Querschnitt der oberen Luftwege und eine normale Luftströmung.
Man beobachtet sehr häufig, daß im Schlaf der Oropharynx von SAS-Patienten enger gestellt ist als bei Nichtschnarchern. Zusätzlich ist der Muskeltonus (muskuläre Anpannung) vermindert, was durch Erschlaffung der Rachenwände den Rachenraum (ggf. zusätzlich zu einer vorgegebenen genetischen oder konstitutionellen Verengung) zusätzlich einengt und die Vibration der Rachenwände erleichtert. Der Luftstrom während der Einatmung (Inspiration) wird durch diese Verengung in Richtung Lungen beschleunigt (ähnlich eines enggestellten Blutgefäßes, in dem der Blutdruck höher ist als in einem weitgestellten). Dadurch kommt es aus physikalischen Gründen zu einem Unterdruck im Oropharynx, was die Rachenwände weiter nach innen ziehen läßt. Dies führt dann im Wechsel der Ein- und Ausatmung bei niedrigem Muskeltonus zum Schnarchgeräusch.
Da der Oropharynx Teil des Luftweges ist, erhöht sich auch der Atemwegswiderstand. Das führt kompensatorisch zu einem Anstieg des intrathorakalen (in der Brusthöhle) Unterdrucks. Ab einer kritischen Strömungsgeschwindigkeit im Oropharynx kollabiert dieser und die Apnoephase beginnt (kurzzeitige Verlegung des Luftweges).

Grundsätzlich kann man 2 Schnarchgeräusch-Typen unterscheiden:
- "Velum-Schnarcher": regelmäßiges, harmonisches bis zum "Sägen" sich steigerndes Geräusch ohne Apnoen des chronischen Schnarchers. Im Frequenzspektrum vor allem tiefe Frequenzen mit Obertönen, welche vorwiegend im verengten weichen Gaumen entstehen
- "Zungengrund-Schnarcher": Typisch für den Apnoiker, kaum bis keine Oberwellen oder Obertöne in der Frequenzanalyse, dafür aber höherfrequente Töne, die im Bereich der Zungengrundverengung entstehen. Dieses Schnarchen ist unregelmäßig, unharmonisch bis schlagartig, welches am Ende der Apnoeepisode die Wiedereröffnung des Luftweges anzeigt.

Wesentlich zur Klassifizierung und damit für evtl. therapeutische Entscheidungen ist die Diagnostik, insbesondere die Beurteilung der anatomischen Verhältnisse der oberen Luftwege. In manchen Fällen können bei SAS-Patienten keine Auffälligkeiten gefunden werden.

Wichtig zur genauen Klassifizierung SAS (schlafbezogener Atemstörungen) kann auch die Bestimmung des Apnoemusters sein.
Unterschieden wird:
- eine zentrale Apnoe
- eine periphere obstruktive Apnoe
- eine gemischte Apnoe, diese kommt am häufigsten vor.

Die wichtigste Untersuchung ist die Polysomnographie in einem Schlaflabor!
- Aufzeichnung verschiedener Schlafparameter (z. B. Schlafzeit, Einschlafzeit, etc.)
- Messung schlafabhängiger Atemgeräusche
- Videodokumentation mit Messungen der Körperposition
- EEG-Aufzeichnung
- EOG-Aufzeichnung (Elektrookulogramm: Aufzeichnung der Augenbewegungen)
- Registrierung nasaler und oraler Luftströme und deren Widerstände zur Apnoe-Differenzierung
- Registrierung der thorakalen und abdominellen Atembewegungen (Bauch-Brust-Atmung)
- EKG (Herz-Rhythmus und -Frequenz)
- Pulsoxymetrie (Messung der Sauerstoff-Sättigung im arteriellen Blut)
- ggf. Aufzeichnung von Muskelpotentialen (EMG)
- ggf. Messung des Rachen- und Ösophagusdrucks (Speiseröhrendruck)

Nasendiagnostik:
- Septumdeviation (Nasenscheidewandverkrümmung)?
- Schiefnase?
- Schleimhauthypertrophie? (Gründe: Allergie? chron. Rhinitis? Wegener? etc.)
- Nasenpolypen? (entzündlich-hyperplastisch? neoplastisch-adenomatös?)
- vergrößerte Rachenmandel (= Adenoidhyperplasie)?
Beurteilung der Relevanz durch Bestimmung der nasalen Luftströme und des Nasenwegswiderstandes (Rhinomanometrie, akustische Rhinometrie); Nasenspiegelung (vordere und hintere Rhinoskopie); Endoskopie; Bildgebung.

Mundhöhlen-Diagnostik:
- Fehlbiß? (Retrogenie? Mikrogenie? Mikro-/Makrognathie?)
- Zungenvergrößerung (Makroglossie)? (Gründe: z. B. Akromegalie? Hypothyreoidismus? Glossitis?)
- Einschränkung der Mundöffnung? (neuro-muskulär? Kiefergelenk?)
- Schleimhaut-Hypertrophie im weichen Gaumen, v. a. der hinteren Gaumenbögen (webbing) (entzündlich? Prozeß in der Rachenumgebung?)
- Schnarcherzäpfchen?
- Gaumen-/Zungengrundtonsillenvergrößerung? (Gründe: welche Tonsillitis?)
- Rachenzysten?
- Tumoren?
Spiegelung (Pharyngoskopie).

Kehlkopf-Diagnostik:
- weiche, unterentwickelte oder U-förmige Epiglottis?
- Stimmlippenbeweglichkeit? (eingeschränkt? koordiniert? Morphologie?)
- Stimmlippen- oder Glottisödem? (entzündlich? Tumor?)
- dicker, kurzer Hals bzw. zu tief stehendes Zungenbein?
Direkte und indirekte Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) mit Stroboskopie (Beurteilung der Stimmlippenbewegung und deren Koordination).

Ggf. Fiberoptische Nasopharyngoskopie mit Videodokumentation

Konservative Therapie-Optionen:
- Gewichtsreduktion!
- Alkohol- und Nikotinkarenz
- Verzicht auf Schlaf- und Beruhigungsmittel
- Keine Mahlzeit innerhalb 3 Stunden vor dem Schlafengehen
- Schlafhygiene
- Schlafposition und konservative Reduktion des Nasenwiderstandes (durch Kopf-/Oberkörper-Hochlagerung, ggf. Nasenflügelspreizer)
- NCPAP (Atemmaske; kontinuierliche Überdruckbeatmung)
- ggf. (je nach kieferorthopädischer Beurteilung) Stellungsregulatoren für Biß und Zunge
- ggf. Medikamente

Operative Therapieoptionen (je nach diagnostischen Befunden!):
- Adenoidotomie/Adenoidektomie, Tonsillotomie/Tonsillektomie
- UPPP (Uvulo-Palato-Pharyngo-Plastik) oder Varianten davon
- Eingriffe am Zungengrund
- Eingriffe an der Epiglottis
- kieferchirurgische Korrekturen
- ggf. unterstützende rhinochirurgische Korrekturen (Nasenoperationen)
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Fee-chen
Interessierter


Anmeldungsdatum: 20.10.2004
Beiträge: 5
Wohnort: Essen

BeitragVerfasst am: 22.10.04, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Danke.

Vielleicht sollte er dann mal den Arzt wechseln???
Im Befundbericht hat eindeutig gestanden, das OSAS ausgeschlossen werden kann und diese "Ronchopathie" durch eine operative Korrektur der verdickten Nasenwände behoben werden kann, wenn die Kortisontherapie erfolgreich ist.

Nochmals >Danke<.


Aber soll er die OP denn ggf. durchführen lassen, oder gibt es auch weniger unangenehme Möglichkeiten??
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Martin Stadler
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 12.10.2004
Beiträge: 3329

BeitragVerfasst am: 22.10.04, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Ich weiß nicht was der betreffende Arzt an Untersuchungen durchgeführt hat?!, um überhaupt beurteilen zu können, ob eine obstruktive schlafbezogene Atemstörung vorliegt oder nicht! Um das wirklich beurteilen zu können, muß man schon mit etwas Kompetenz die entsprechende Diagnostik (s. o.) abarbeiten. Das Schlaflabor steht dabei an erster Stelle.

Von einer Rhonchopathie zu sprechen und dabei eine Obstruktion ausschließen ist absolut widersprüchlich! Obstruktionsbeschwerden ohne Schnarchen wäre denkbar, dennoch ist hier Schnarchen Leitsymptom. Aber Schnarchen ohne SAS (schlafbezogene obstruktive Atemstörungen, s. o. die Einteilung) ist definitionsgemäß unsinnig.

Von daher würde ich Ihnen schon empfehlen, sich an eine entsprechende HNO-Klinik bzw. einen anderen, ggf. ausgewiesenen auf Rhonchopathie spezialisierten, HNO-Arzt zu wenden, der ihn an ein Schlaflabor überweisen wird.

Wie schon gesagt, es werden oft trotz mäßiger Veränderungen Nasenoperationen empfohlen und versprochen, daß dadurch das Schnarchen behandelt werden kann.
Daher habe ich versucht Ihnen zu erklären wo und wie Schnarchgeräusche entstehen und daß es alleine mit Nasenkorrekturen praktisch nie getan sein wird, sondern dies lediglich unterstützenden Charakter haben kann, wenn die Veränderungen der Nase relevant sind! (s. Nasendiagnostik im obigen Beitrag!)
Schiefe Nasen haben viele, aber die wenigsten sind behandlungsbedürftig!

Fazit:
Suchen Sie sich auf diesem Gebiet kompetente Ärzte!
Komplettieren Sie die Diagnostik bevor operative Maßnahmen ergriffen werden!
Erst wenn nach einer umfassenden Diagnostik wirklich eine Operation (sicher ist nicht die Nasen-OP entscheidend) in Frage kommt (z. B. am Gaumen), dann suchen Sie sich auch eine dafür ausgewiesene Klinik!
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