Unsere Website verwendet Cookies, um Ihnen eine bestmögliche Funktionaliät zu gewährleisten. Auch unserer Werbepartner Google verwendet Cookies. Wenn Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.
Verfasst am: 24.10.04, 13:16 Titel: Affektstörungen und antiepileptische Medikation
Hallo,
ich hab da mal eine etwas verzwickte Frage.
Hoffentlich kennt sich hier jemand damit aus.
Also:ein Patient mit einer ausgedehnten (durch Blutung erworbenen) Hirnschädigung im frontalen und präfrontalen Kortex bekam zunächst in der Reha-Klinik Tegretal in verhältnismäßig geringer Dosierung zur "Verbesserung der Steuerbarkeit". Patient war zuvor "aggressiver Totalverweigerer" und machte komische Sachen. Aber eigentlich ist das Tegretal wohl ein Antiepileptikum. Später traten tatsächlich Krampfanfälle auf, die erst mit einer Kombination zweier Antiepileptika unter Kontrolle zu bringen waren.
Verwendet wurden schließlich Carbamazepin und Valproinsäure. Über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren wurden Carbamazepin 2x400 mg und Orfiril long 1x1500 mg eingenommen. Seither Anfallsfreiheit. Patient wünscht tendenziell das Absetzen der Medikation. Mittlerweile ist das Orfiril nach Absprache mit dem Neurologen auf 1000 mg täglich reduziert. Neurologe würde auch weiter reduzieren - aber: die Familie befürchtet erneute Probleme mit der Impulssteuerung. Im Augenblick ist alles im Lot und die "Steuerungsprobleme" äußern sich nur in momentanen "Aufbrausen" und Gestikulieren, was aber gleich wieder vorbei ist. Ansonsten hat sich in dem Bereich ziemlich viel gebessert.
Ich wüsste gerne,
1. ob die derzeit verwendeten Medikamente überhaupt einen Einfluss auf die Impulssteuerung haben oder ob der Jetzt-Zustand sozusagen der augenblickliche "Naturzustand" in bezug au die Affekte ist? Das wär ja noch auszuhalten.
2. welche anderen, evtl weniger belastenden Möglichkeiten es gibt, das mit den Affekten im erträglichen Rahmen zu halten, wenn man die Antiepileptika allmählich absetzen würde?
Der behandelnde Neurologe ist zu einem Absetz-Versuch bereit, schweigt sich aber zu den sonstigen Befürchtungen der Familie aus. Deren "Experimentierfreude" hält sich, was Affektstörungen betrifft, aus Erfahrung in recht engen Grenzen.
Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.
Verfasst am: 25.10.04, 15:47 Titel: Re: Affektstörungen und antiepileptische Medikation
Hallo!
Ich würde zunächst noch wissen wollen, ob neben den Schäden des frontalen und präfrontalen Cortex (beidseitig?) weitere Strukturen durch die Blutung oder Ödeme usw. geschädigt worden sind? (z. B. Stammganglien, Zwischenhirn)
Bestehen momentan neben psychopathologischen und neuropsychologischen Auffälligkeiten noch neurologische Ausfälle?
Welche epileptische Anfallsform lag vor?
Also ich will es mal versuchen:
Beidseits ausgedehnte diffuse Läsionen frontal und präfrontal, fronto-orbital-betont sowie rechts temporal.
Ganz sicher nichts am Zwischenhirn. Nichts an den Basal-(Stamm?)Ganglien. (Ist das dasselbe?)
Aber: die Blutung war mit einem "Ventrikeleinbruch" verbunden in einen der Seitenventrikel und in den dritten Ventrikel. Daher (wahrscheinlich) Probleme mit dem Limbischen System in Form von "emotionalen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsproblemen". Ich kann das in der Kürze auch nicht näher beschreiben, hat sich auch alles ziemlich "normalisiert".
Keine sonstigen neurologischen Ausfälle. Keine "Wahnideen". Keine Depression, eher das "Gegenteil" davon.
Anfallsform: generalisierende Anfälle, beginnend mit stereotypen "Greifbewegungen" der (zumeist) linken Hand. Es ist allerdings möglich, dass ich "dezentere" Frontallappenanfälle übersehen habe und eigentlich können wir nur aus den beiden letzten EEGs, die unauffällig waren schließen, dass da nichts mehr ist. (Nov.2003 und Juni 2004) Spontan "merkwürdiges", inadäquates Verhalten, das auf einen solchen Anfall hindeuten könnte, hab ich schon länger nicht beobachtet. Wobei "merkwürdig und inadäquat" relativ zum Normalzustand des Patienten zu sehen sind.
Also wenn das jetzt mehr Fragen aufwerfen sollte, als es beantwortet hat, dann fragen Sie bitte nach und ich will mich bemühen, das besser zu beschreiben.
Hat denn hier wirklich niemand 'ne rechte Vorstellung davon?
"Keine weiteren neurologischen Ausfälle" sollte nicht bedeuten, dass es gar keine gibt, sondern dass mit der Motorik, der Sprache, der visuellen, taktilen und sonstigen Wahrnehmung alles in Ordnung ist. Aufmerksamkeit, Gedächtnis und exekutive Funktionen sind - soweit prüfbar - im "unteren Normbereich". Störungseinsicht lediglich "deklarativ", aber nicht "situativ". Keine Auffälligkeiten, die sofort ins Auge (bzw Ohr) springen.Am auffälligsten sind eben "Weitschweifigkeit" und Unflexiblität im Gespräch (auch im Handeln bisschen umständlich) alles gerne mit Späßchen verknüpft, die manchmal unangemessen wirken.
Was ich fürchte, sind verbale und tätliche Entgleisungen, die zu sozialen Schwierigkeiten führen können und - als anderes Extrem - eine Verschlechterung der jetzigen Leistungen unter irgendeinem Medikament, das genau solche Entgleisungen verhindern soll. Eine Zwickmühle?
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.