Navigationspfad: Home
medizin-forum.de :: Thema anzeigen - Künstliches Koma bei Lungenentzündung/Bronchitis
Deutsches Medizin Forum
Foren-Archiv von www.medizin-forum.de
Achtung: Keine Schreibmöglichkeiten! Zu den aktiven Foren wählen Sie oben im Menü "Foren aus!
 
 SuchenSuchen 

Künstliches Koma bei Lungenentzündung/Bronchitis

 
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    medizin-forum.de Foren-Übersicht -> Interdisziplinäre Intensivmedizin
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
PEMBo
noch neu hier


Anmeldungsdatum: 04.10.2005
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 04.10.05, 09:25    Titel: Künstliches Koma bei Lungenentzündung/Bronchitis Antworten mit Zitat

Hallo,
mein Vater wurde vor 1 Woche wg. Lungenentzündung auf Intensiv eingeliefert. Da sich seine Lungenfunktionen sehr reduziert haben, wurde er Donnerstag in künstliches Koma gelegt, da er zu ersticken drohte. Die Eigenatmung schwankt sehr, von 60/40 über 35/65 bis 100% künstlich, da ein Lungenflügel nicht arbeitet. Nun sind seit Sonntagmorgen noch mehrere Kreislaufzusammenbrüche hinzugekommen. Er ist ohnehin sehr schwach (60 kg bei 1,75 m) und anfällig für Infekte der oberen Atemwege. Laut Aussage der Ärzte ist die Lage sehr ernst.
Wie lange wird in solchen Fällen Antibiotikum gegeben, um die Entzündungen abzuheilen und wie lange ist das künstliche Koma angeraten?
Danke für Eure Antworten.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Winfried Gahbler
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 1640

BeitragVerfasst am: 04.10.05, 19:30    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrte(r) PEMbo,

da Ihr Anfrage weitaus mehr in den Bereich der Intensivmedizin fällt, habe ich mir erlaubt ihn in dieses Forum zu verschieben. Ich denke, dass Sie hier eine qualifizierte Antwort erhalten werden.
Ihre Vater wünsche ich gute Besserung, alles Gute
MfG W.Gahbler
----------------------

Hinweis unter Bezug auf §7(3) der Berufsordnung für Ärzte:
1. Der voranstehende Beitrag ist eine allgemeine Stellungnahme, die, ausgehend von Ihrer Anfrage mit größtmöglicher Sorgfalt verfasst wurde.
2. Bitte wenden Sie Sich unabhängig davon persönlich zur Beratung, Untersuchung und Behandlung an eine Ärztin oder einen Arzt Ihres Vertrauens!
_________________
aus der Gemeinschaftspraxis
E.Mertens/Dr.W.Gahbler/F.Becker
http://www.schmerzkreis.net
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 17.09.2004
Beiträge: 1766
Wohnort: Schleswig-Holstein

BeitragVerfasst am: 05.10.05, 09:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo "PEMBo" !!!

PEMBo hat folgendes geschrieben::
Die Eigenatmung schwankt sehr, von 60/40 über 35/65 bis 100% künstlich, da ein Lungenflügel nicht arbeitet.

Leider kann ich die hier angegebenen Werte nicht zuordnen. Auf was bezieht sich dieses 60/40 und 35/65? Auch stellt sich mir die Frage, warum ein Lungenflügel nicht arbeiten soll. Ist die Atmung/Beatmung durch die Lungenentzündung beeiträchtigt oder liegt hier ein Lungenversagen (sog. ARDS) vor?

PEMBo hat folgendes geschrieben::
Wie lange wird in solchen Fällen Antibiotikum gegeben, um die Entzündungen abzuheilen und wie lange ist das künstliche Koma angeraten?

Insofern das eingesetzte Antibiotikum gegen diese speziellen Erreger wirksam ist und die Entzündungszeichen dadurch rückläufig sind, wird man etwa 7-10 Tage dieses Antibiotikum verabreichen.
Das durch spezielle Medikamente hergestellte künstliche Koma soll die künstliche Beatmung erleichtern / ermöglichen und ist solange notwendig, wie Ihr Vater aufgrund seines Zustandes beatmet werden muss. Lässt sowohl die Lungensituation (Gasaustausch) als auch die Kreislaufsituation eine Spontanatmung zu, kann dieser Zustand aufgehoben werden.

Herzliche Grüße
_________________
Gunnar Piltz
DMF-Moderator
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
PEMBo
noch neu hier


Anmeldungsdatum: 04.10.2005
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 05.10.05, 10:12    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Gunnar,
die Werte sind die Sauerstoffzufuhr (sorry, bin Laie), die von 100% künstlicher Beatmung bis zum positivsten Stand von 35 % Zufuhrleistung und 65 % Eigenatmung bei ihm reichen.
Der eine Lungenflügel ist quasi außer Funktion aufgrund Vorerkrankungen (auch Lungenentzündungen), laut Arzt "vernarbt". Zudem war mein Vater bis vor wenigen Jahren Extremraucher (bis zu 3 Schachteln am Tag).
Laut den Ärzten ist das Ausatemvolumen zu gering, er würde also seinen Körper innerlich mit den auszuatmenden Gasen, die sein Körper von allein nicht ausatmet, ersticken.
Nun soll - wenn sein Zustand sich je stabilisiert, wobei er derzeit täglich mehrfach kollabiert - ein Luftröhrenschnit erfolgen, um den Übergang von künstlicher Beatmung zu Eigenatmung zu erleichtern.
Das Tidalvolumen war am Samstag mehrfach auf Status "zu hoch", weshalb die Medikamentierung erhöht wurde.
Klingt alles nicht sehr positiv.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 17.09.2004
Beiträge: 1766
Wohnort: Schleswig-Holstein

BeitragVerfasst am: 07.10.05, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo "PEMBo" !!!

Bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort. Ich hatte aufgrund technischer Probleme in den letzten Tagen keinen Zugang zum Internet. Böse
PEMBo hat folgendes geschrieben::
... die Werte sind die Sauerstoffzufuhr (sorry, bin Laie), die von 100% künstlicher Beatmung bis zum positivsten Stand von 35 % Zufuhrleistung und 65 % Eigenatmung bei ihm reichen.

Mit der Sauerstoffzufuhr ist sicherlich die Konzentration (die Anteile) des Sauerstoffs am gesamten Luftgemisch gemeint. In der normale Umgebungsluft gibt es etwa 21% Sauerstoff, das entspricht in einem Liter Luft etwa 210 ml Sauerstoff. Im Rahmen der künstlichen Beatmung ist es notwendig, die Sauerstoffkonzentration im Gesamtluftgemisch zu erhöhen und dies an die Sauerstoffversorgungssituation des Patienten anzupassen. Ist im Blut der aufgenommene Sauerstoffanteil zu niedrig, wird eben mehr Sauerstoff in das Luftgemisch (welches der Patient erhält) eingebracht. Bei 100% Sauerstoffkonzentration wird der Patient ausschließlich mit reinem Sauerstoff beatmet.
Bei der künstlichen Beatmung kommen verschiedene Beatmungsformen zum Einsatz. Grundsätzlich kann man zwischen einer kontrollierten Beatmung (hier übernimmt das Beatmungsgerät die Beatmung des Patienten vollständig) und einer assistierten Beatmung (hierbei unterstützt das Beatmungsgerät die einzelnen Atemzüge des Patienten durch einen vorgegebenen Druckstoss) unterscheiden. Eine prozentuale Einteilung nach Eigenanteilen und Zufuhrleistung gibt es so nicht. Da Ihr Vater aufgrund seiner schlechten Lungensituation (gemessen an dem aufgenommenen Sauerstoffanteil im Blut) in ein künstliches Koma versetzt worden ist und hier zumeist keine Eigenatmung vorliegt, vermute ich, dass es sich um eine kontrollierte Beatmungsform handelt.
PEMBo hat folgendes geschrieben::
Laut den Ärzten ist das Ausatemvolumen zu gering, er würde also seinen Körper innerlich mit den auszuatmenden Gasen, die sein Körper von allein nicht ausatmet, ersticken.

Aufgrund der vorbestehenden Lungenerkrankung (vermutlich eine schwere chronische Bronchtitis) und der dazugekommenen schweren Lungenentzündung kommt es zu einer mangelnden Ausatmung von Kohlendioxid - einem Abbauprodukt des Körpers, welches durch die Atmung ausgeschieden/abgeatmet werden muss. Durch die künstliche Beatmung und eine entsprechende Sedierung/Narkose/künstliches Koma kann ein Beatmungsmuster gewählt werden, welches der wache und spontan atmende Patient überhaupt nicht tolerieren würde, was aber zur Elimination dieses Kohlendioxids in der Ausatmung momentan erforderlich ist.
PEMBo hat folgendes geschrieben::
Nun soll - wenn sein Zustand sich je stabilisiert, wobei er derzeit täglich mehrfach kollabiert - ein Luftröhrenschnit erfolgen, um den Übergang von künstlicher Beatmung zu Eigenatmung zu erleichtern.

Dieser Luftröhrenschnitt hat mehrere Vorteile. Zum einen kann ein deutlich kürzerer Beatmungsschlauch über diesen Schnitt am Hals in die Luftröhre eingebracht werden, was die Atmung messbar erleichtert. Man kann sich das so vorstellen, als wenn man durch einen langen Strohhalm atmen muss und dabei die verbrauchte Luft der Ausatmung (die sich in dem Strohhalm ansammelt) bei der nächsten Einatmung wieder aufnimmt. Um so größer der Beatmungsschlauch ist, um so größer ist auch der Anteil an Ausatemluft, der sich in diesem Schlauch ansammelt. Und genau die Abatmung des Kohlendioxids in der Ausatemluft bereitet Ihrem Vater ja große Probleme.
Zum anderen akzeptieren die Patienten diesen Beatmungsschlauch am Hals deutlich besser, als wenn dieser durch den Mund in die Luftröhre eingelegt ist. Der Beatmungsschlauch im Mund wird als extrem störender Fremdkörper empfunden und eine Mundpflege wird dadurch auch deutlich erschwert. Zudem läßt sich ein solcher Beatmungsschlauch am Hals einfacher festbinden/fixieren und wenn der Patient richtig wach und ansprechbar ist, kann möglicherweise trotz des Beatmungsschlauches getrunken und ggf. sogar gegessen werden, was bei einem Beatmungsschlauch durch den Mund nahezu ausgeschloßen ist.
PEMBo hat folgendes geschrieben::
Das Tidalvolumen war am Samstag mehrfach auf Status "zu hoch", weshalb die Medikamentierung erhöht wurde.

Das sog. Tidalvolumen ist eine Meßgröße am Beatmungsgerät und beschreibt das Atemzugvolumen. Der von Ihnen beschriebene Status "zu hoch" zeigt als Hinweis an, dass für diesen Atemzug das eingebrachte Luftvolumen einen Grenzwert überschritten hat. Das bedeutet lediglich, dass Ihr Vater unter der kontrollierten Beatmung für diesen Moment zu flach sediert gewesen ist und man ein wenig mehr Narkosemittel geben muss, um wieder eine reibungslose und kontrollierte Beatmung durchführen zu können. Solche Statusmeldungen prägen den Alltag auf Intensivstationen, werden von den Angehörigen aufgrund des Alarmtons zumeist als bedrohliche Situationen empfunden, sind aber eigentlich nur Hinweis und eine Hilfe bei der Optimierung der Therapie.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Zuversicht in dieser schweren Zeit und Ihrem Vater eine baldige Besserung in seinem Zustand!

Herzliche Grüße
_________________
Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Zuletzt bearbeitet von Gunnar Piltz am 15.10.05, 09:51, insgesamt 1-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
PEMBo
noch neu hier


Anmeldungsdatum: 04.10.2005
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 10.10.05, 09:31    Titel: Antworten mit Zitat

Lieben Dank für die Antworten, die ich erst heute morgen gelesen habe, da ich das ganze Wochenende mehr oder weniger im Krankenhaus war.
Leider hat er es nicht geschafft und ist heute nacht verstorben, was ihm nun seinen letzten Frieden gebracht hat, auch wenn er aufgrund der Schmerzmittel nicht leiden musste.
Trotzdem bin ich froh, dass es dieses Forum gibt, es hat mir zumindest ein bisschen geholfen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 17.09.2004
Beiträge: 1766
Wohnort: Schleswig-Holstein

BeitragVerfasst am: 10.10.05, 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo PEMBo !!!

Es tut mir aufrichtig leid, dass Sie Ihren Vater unter diesen Umständen verloren haben. Leider stehe ich dieser Situation auch beruflich häufig sehr hilflos gegenüber, sehe Krankheit, Leiden und auch den Tod, kann vieles nicht akzeptieren, sehe aber auch eine Erlösung für den betroffenen Menschen darin und empfinde dadurch Trost.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft in dieser schweren Zeit der Trauer und einen starken Halt durch Ihre Familie.

Herzliche Grüße
_________________
Gunnar Piltz
DMF-Moderator
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
PEMBo
noch neu hier


Anmeldungsdatum: 04.10.2005
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 10.10.05, 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Gunnar,
es tut gut zu sehen, dass der menschliche Aspekt in der Medizin nicht verloren geht. Eine der Intensivschwestern hat am Vorabend beim Dienstschluss geweint, als sie sich verabschiedet hat, weil sie ahnte, dass der Tod nicht weit ist.
Die Medizin kann nur helfen, aber keine Wunder vollbringen.
Ich war froh, dass die Ärzte offen zu uns waren un die Chancen realistisch gesehen haben, so dass meine Familie sich gedanklich schon darauf einstellen konnte.
Wünsche Ihnen auch viel Kraft, den Angehörigen und vor allem den Kranken immer das Beste geben zu können.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge vom vorherigen Thema anzeigen:   
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    medizin-forum.de Foren-Übersicht -> Interdisziplinäre Intensivmedizin Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehen Sie zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group
© Deutsches Medizin Forum 1995-2019. Ein Dienst der Medizin Forum AG, Hochwaldstraße 18 , D-61231 Bad Nauheim ,HRB 2159, Amtsgericht Friedberg/Hessen, Tel. 03212 1129675, Fax. 03212 1129675, Mail jaeckel@medizin-forum.de.