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Undurchsichtige Rabatte

 
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Anmeldungsdatum: 27.03.2005
Beiträge: 2794
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BeitragVerfasst am: 16.12.07, 10:22    Titel: Undurchsichtige Rabatte Antworten mit Zitat

Wenn bei Arzneimitteln der Patentschutz ausläuft, schütteln sofort Generikafirmen den Markt durch, was ohne Weiteres mit einer Halbierung der entsprechenden Verordnungskosten einhergehen kann.

Weil das dem Hersteller des Originalpräparats nicht egal sein kann, muss der reagieren, will er im Inland weiter mitspielen.

Bloß wie ? Nicht etwa mit der Senkung des deutschen Listenpreises, denn auf den nimmt die Preisgestaltung fürs Ausland Bezug.

Sondern ? Mit Eintritt in die Rabattverträge der Kassen, was den ambulanten, und mit individuellen Rabattverhandlungen mit Klinikapotheken, was den stationären Sektor angeht.

Beide Arten von Verträgen werden jedoch sowohl von Kassens als auch von Pharmas als Geschäftsgeheimnis betrachtet und gehütet, also nirgendwo offen gelegt.

Nicht nur das ATI (www. arznei-telegramm.de) sieht dadurch Tür und Tor für Korruption geöffnet.

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Kasi
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Anmeldungsdatum: 21.10.2006
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 16.12.07, 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
die Rabattverträge werden von den Krankenkassen angeboten, wobei nun zur Zeit vor Gericht entschieden wird, ob man trotz der enormen Geldmengen, die dort verhandelt werden, eine ordentliche Ausschreibung einhalten muss. Dies würde eine Offenlegung von kasseninternen Daten (wie zB Menge der Verordnungen), eine europaweite Ausschreibung und auch die Einsicht in die dann ab geschlossenen Verträge bedeuten.

Die Hersteller, die seit April bei der Kasse mit den drei großen Buchstaben den Zuschlag bekommen haben, hatten zumeist einen verschwindend geringen Marktanteil (gemeinsam<3%) und mussten Ihre Produktion verzehnfachen (Qualitätsbedenken? Tja, ob ich nun für 3 oder 30 Leute kochen muss..von heute auf morgen...). Bei der neuen Runde ab 1.1.08 sind die alle nicht mehr dabei, da die großen Generikahersteller sich bei diesem schamlosen Spiel nun doch nicht mehr zurückhalten können, der Verordnungsausfalll war wohl doch zu groß.

Dennoch geht es fast immer um Generikahersteller!!

Zitat:
Weil das dem Hersteller des Originalpräparats nicht egal sein kann, muss der reagieren, will er im Inland weiter mitspielen.
Bloß wie ? Nicht etwa mit der Senkung des deutschen Listenpreises, denn auf den nimmt die Preisgestaltung fürs Ausland Bezug.

Sondern ? Mit Eintritt in die Rabattverträge der Kassen


Ich kenne keinen Originalhersteller, der an Rabattverträgen beteiligt ist und sich mit seinen Preisen ansonsten weit über dem Generikaniveau befindet - zumindest fällt mir spontan kein Beispiel ein, was daran liegt, dass dies nicht der Regelfall ist.
Richtig ist, dass es keinen transparenten Marktpreise mehr gibt. Abgesehen von den Vertragspartnern weiß niemand, was die Medikamente kosten. Wenn also von angeblichen Ausgabensteigerungen für Arzneimittel die Rede ist, dann sollte man ehrliche Zahlen vorlegen können und das ist seit diesem Jahr nicht mehr möglich. Tatsache ist, dass die Ausgaben seit vielen Jahren relativ konstant sind.

Im Generikabereich sind ohnehin keine großartigen Einsparungen mehr zu erwarten. Andere Bereiche kann man ja ins Auge fassen, aber es sollte schon klar sein, dass es ost nicht Fachleute sind, die dann über die Therapie entscheiden. Ab 1. Januar werden zB die Festbeträge "angepasst": Der Wirkstoff Nebivolol wird dann für die Patienten nur noch mit einer erheblichen Zuzahlung zu haben sein. Nur wenn der Originalhersteller statt zB bisher etwa 50€ sich in Zukunft mit weniger als 5 € zufrieden gibt, dann werden die Mehrkosten nicht vom Patienten getragen werden müssen. Ein Generikum gibt es noch nicht, da der Patentschutz noch läuft. Die Argumentation, dass es andere Betablocker gibt, die auch gut sind ist richtig, aber die langfristigen Konsequenzen werden nicht gesehen. Wenn man die kleinen Fortschritte in der Entwickung der über 20 Betablocker in den letzten Jahrzehnten immerfür nichtig erklärt hätte, dann würde es keines der heute üblichen Präparate geben. Damit zementiert man den Status Quo und der Fortschritt wird dem Kostendruck geopfert. Kann man machen, sollte man sich aber auch bewußt dafür entscheiden und dies öffentlich kundtun. Doch in der Regel wissen sie nicht was sie tun und das ist ärgerlich.

Die Sachlage ist derweil so komplex, dass man sie auch gar nicht mehr kommunizieren kann. Darüber wird leider vergessen, dass die Patienten das alles oft völlig anders sehen. Für sie ist es eben nicht dasselbe Medikament, wenn es eine andere Packung ist. Die Patienten sind völlig verunsichert, das bekommen die meisten Ärzte gar nicht mit. Wirkstoffgleichheit hin oder her, die Kosten für die unbehandelten Erkrankungen sind in der Regel wesentlich höher. Da ist von Einsparungen die Rede, dabei sind die Folgekosten, die in der Zukunft liegen, noch gar nicht in Rechnung gestellt. Von den gegenwärtigen Kosten durch den erheblichen Mehraufwand bei Ärzten, aber insbeondere bei Apothekern wollen wir gar reden, denn die leigen ohnehin weit über den Einsparungen.
Mehr Bürokratie, geringere Compliance, unüberschaubare Folgekosten, das sind sicher nicht die Ergebnisse, die man angestrebt hat, aber jeder so gut wie er kann, mehr ist vielleicht einfach nicht drin.

Zitat:
Nicht nur das ATI (www. arznei-telegramm.de) sieht dadurch Tür und Tor für Korruption geöffnet.

Davon ist auszugehen. Korruptionsexperten wissen, dass man sie immer dort findet, wo man sie zulässt. Und bei den Rabattverträgen sind die Verhältnisse paradiesisch, zumindest für alle Beteiligten.

Guten Abend,
Kasi
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Catrin
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Anmeldungsdatum: 10.04.2006
Beiträge: 205
Wohnort: BaWü

BeitragVerfasst am: 16.12.07, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Kasi hat folgendes geschrieben::

wobei nun zur Zeit vor Gericht entschieden wird, ob man trotz der enormen Geldmengen, die dort verhandelt werden, eine ordentliche Ausschreibung einhalten muss.


Trotz oder vielleicht gerade deswegen? Man kann ja schlecht einerseits das hohe Lied auf freien Wettbewerb überall singen und andererseits völlig intransparente Strukturen schaffen, die selbigen faktisch unmöglich machen.
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Kasi
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Anmeldungsdatum: 21.10.2006
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 16.12.07, 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

Die Intransparenz ist zu verurteilen, aber eine europäische Ausschreibung ist auch nicht Sinn der Sache. Gesundheitspolitik sollte nationale Angelegenheit sein. Die Gesundheitssysteme anderer europäischer Staaten sind mit dem unseren nicht vereinbar. Die europäische Union ist vom Kern ein wirtschaftlicher Zusammenschluß und agiert auch im Gesundheitbereich unter wirtschaftspolitischen und nicht gesundheitsorientierten Aspekten. Ich bin einfach gegen eine gedankenlose Ökonomisierung der Gesundheit. Kapitalinteressen sollen nicht alleine über die Therapie entscheiden.

Was wäre wenn eine Firma den Rabattvertrag über einen Wirkstoff erhält (allein der Preis soll ja entscheiden), das Präparat aber gar nicht in Deutschland zugelassen ist?
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PR
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Anmeldungsdatum: 27.03.2005
Beiträge: 2794
Wohnort: Lörrach

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 13:13    Titel: Genau so isses derzeit. Antworten mit Zitat

Gehen Sie mal morgens in eine x-beliebige Apotheke: überall werden Sie ratlose Greise/innen und händeringende Apotheker finden angesichts des dritten bis fünften Präparatewechsels im Jahr.

Weiß nicht, wie weit Sie bei ATI reinschauen können, funktioniert eigentlich nur bei Abonnenten. Es ging da ganz konkret um ein Antidepressivum. Der Original-Hersteller will in einen Kassenrabattvertrag.

Einer der mittelgroßen Generikaner ist bereits pleite gegangen. Uns hatte man erklärt, es handele sich bei den Rabatt-Lieferanten um die weltgrößten Generika-Hersteller. Die massiven Lieferengpässe in den Monaten danach belegten eher das Gegenteil.

Die Arzneimittelausgaben der Kassen sind nicht seit vielen Jahren konstant, können sie auch nicht sein.

Weiß auch nicht, ob man 20 Betablocker wirklich braucht. Bin allerdings sicher, dass das Politiker- und Kassengeschrei über die sogenannten Scheininnovationen reine Nebelwerferei ist, denn die Verbesserungen wurden nie und nirgends sauber bewertet.

Bin nach wie vor der Ansicht, dass die Kosten-(Mehr-)Nutzen-Bewertung eines neuen Arzneimittels Bestandteil der Zulassung zu sein hat. Es ist sinnlos aufwendig, von Staats wegen Zulassungen zu erteilen und im Nachhinein „Scheininnovation“ zu schreien. Nach wie vor hält da der Gesetzgeber den Kopf eben n i c h t hin, sondern schickt seine Geiseln vor, nämlich die verordnenden Ärzte. Nach den Skandälchen um das IQWiG hab ich da allerdings wenig Hoffnung auf Besserung.

Die Gesundheitssysteme anderer (europäischer) Staaten sind mit unserem nicht nur nicht kompatibel, sondern auch nicht vergleichbar. Dennoch werden sie ständig in propagandistischer Absicht zum Vergleich herangezogen.

Die Doppelstrategie des Hauses Schmidt ist faszinierend unappetitlich. Muss dazu immer wieder den jungen Diskutanten aus der sozialpolitischen Debatte einer großen Parteiorganisation zitieren: wir kriegen derzeit mit skandinavischer Propagandalyrik US-amerikanische Verhältnisse herbeiregiert.

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Alba
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Anmeldungsdatum: 23.02.2005
Beiträge: 84

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

nach meinem Wissen gibts auch Rabatt-Verträge mit Markenherstellern, vor allem wenn sich Originalpräparat und Generikum im Preis nur im Centbereich unterscheiden.

Betablocker und ACE-Hemmer habe ich persönlich in diesem Jahr schon von vier oder fünf verschiedenen Firmen gehabt, ohne große Unterschiede feststellen zu können. Manche schmeckten scheußlicher als andere und nicht alle waren auch teilbar. Letzteres soll ein Zeichen für eventuell noch nicht ganz ausgereifte Produktqualität sein? Das meint, ob die betreffende Firma auch sichern kann, daß in ein und derselben Charge der Wirkstoff auch gleichmäßig verteilt ist.

Als Arzt würde ich mir übrigens dieses hier zu Herzen nehmen:
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=30746

MfG Alba
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jaeckel
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Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 18:45    Titel: Antworten mit Zitat

Alba hat folgendes geschrieben::

Als Arzt würde ich mir übrigens dieses hier zu Herzen nehmen:
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=30746


Womit wir wieder mehr Anreiz für Rabatt-Verträge/Korruption auf anderer Ebene hätten. Winken

Macht sich irgendjemand Vorstellungen, wieviele unnötige parallele Vertragsverhandlungen bzw. -entscheidungen (Vorteilsnahme braucht man gar nicht zu behaupten) zu sowas nötig sind? Der Parallelbürokratismus unseres GKV-Systems schädigt m.E. letzlich nur die Versicherten und ist absurd.
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Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
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PR
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Anmeldungsdatum: 27.03.2005
Beiträge: 2794
Wohnort: Lörrach

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 20:16    Titel: ...und ist absurd Antworten mit Zitat

Genau. Das ist der Teil, den wir, Brave New World lässt grüßen, jetzt "mehr Wettbewerb" nennen. Von dem ja alles besser und billiger wird.

Wohingegen wir, Brave New World grüßt schon wieder, die Inhaftungnahme der verordnenden Ärzte jetzt "mehr Qualität nennen".

Mit dem Kreuzelchen oder nicht sind wir auf Gedeih und Verderb unseren Apothekern ausgeliefert. Bisher sagt meine solake Erfahrung: da ist (noch) mehr Gedeih als Verderb. Die Apos kennen unsere Probleme so gut wie die eigenen und beliefern die Rezepte vernünftig in meinem Sinn. Dass das wohl nicht überall so ist, beweist die KV-Statistik der b e l i e f e r t e n Rezepte, die ich zumindest quartalsweise sehr schön mit der eigenen Statistik der g e d r u c k t e n Rezepte vergleichen kann. Da liegt ich im Fachgruppenvergleich KV- und bundesweit sehr gut.

Hier liegt das Problem der Substitution ärztlicher Leistung durch Angelernte n i c h t .

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Kasi
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Anmeldungsdatum: 21.10.2006
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 19.12.07, 00:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
Zitat:
nach meinem Wissen gibts auch Rabatt-Verträge mit Markenherstellern, vor allem wenn sich Originalpräparat und Generikum im Preis nur im Centbereich unterscheiden.

Das ist der Regelfall.
Zitat:
Es ging da ganz konkret um ein Antidepressivum. Der Original-Hersteller will in einen Kassenrabattvertrag.

Das mag noch vermehrt kommen.

Zitat:
Weiß auch nicht, ob man 20 Betablocker wirklich braucht.
Nein, braucht man nicht, aber wenn man sich mit der Geschichte der Entwicklung der heutigen modernen Betablocker beschäftigt, dann sieht man, dass sich die molekularen Veränderungen über die Jahre von einem Betablocker zum nächsten in kleinen Schritten vollzogen hat, die erst im nachhinein insbeondere durch die Anwendung ihre wertvollen Impulse bekommen hat.
Jeder einzelne Schritt war eigentlich nur begrenzt "wertvoll" und würde heute möglicherweise nicht mehr vollzogen.
Wenn man nun den Mehrnutzen eines Medikaments mit den Mehrkosten aufwiegen möchte, dann wird es sehr eng für die forschenden Firmen. Andererseits kann ich auch verstehen, dass man der Verlagerung der Gewinnspanne auf Neueinführungen auch Einhalt gebieten muss. Zu befürchten ist allerdings, dass wir hiermit langfristig die Forschung ausbremsen.
Es gibt seriöse Berechnungen, dass wir der drohenden Kostenexplosion der alternden Gesellschaft nur durch eine Erhöhung der Vitalität durch eine verbesserte medizinische Versorgung entgegentreten können.
Das heißt länger Leben werden wir ohnehin, ob wir dabei aktiv am Leben teilnehmen (länger arbeitend oder als Konsumenten), das entscheidet die Qualität der medizinischen Versorgung. Wenn man auf Teufel komm raus spart, dann erzeugt man langfristig Kosten.

Die Rabattverträge gehören eindeutig in diese Kategorie, ein verschwindend geringer materieller Nutzen stehen hier einem enormen bürokratischen Aufwand, den noch ausstehenden Folgekosten gegenüber. Aber schon alleine der Vertrauensverlust der Patienten, weil alle Beteiligten sich nur noch mit diesem Unsinn beschäftigen statt sich um dessen Belange zu kümmern, wäre dieses Chaos eigentlich nicht Wert gewesen. Und das alles in einer Zeit, in der man endlich erkennt, wie wichtig der "Placebo-Effekt" ist, dh das Gespräch, die Fürsorge, die Empathie. Vertrauen kann man vertraglich nicht wieder herstellen, das sollten sich diese Schreibtischtäter mal ins kalte Kalkül vermerken.

Zitat:
Mit dem Kreuzelchen oder nicht sind wir auf Gedeih und Verderb unseren Apothekern ausgeliefert. .... b e l i e f e r t e n Rezepte....g e d r u c k t e n Rezepte ...

Also ich hatte nur eine einzige Patientin, die mir gesagt hat: Ja, mir wurde das alles vom Arzt schon erläutert, ich soll nun ein anderes Präparat nehmen, meine Kasse hat Rabattverträge abgeschlossen.
Den anderen 2 bis 3000 habe ich das ausführlich erklärt. Viele haben es verstanden und sich erst bei der 2. oder 3. Umstellung beschwert.
Das bedeutet Rabattarznei ermitteln, übers Kundenkonto mit dem bisherigen Hersteller abgleichen oder den Patienten befragen, um dann vom Großhändler entweder telefonisch oder 2h später zu erfahren, dass keine Lieferfähigkeit besteht. Diese muss man dann dokumentieren, dem Patienten vermitteln und nach dem jahrelang üblichen Verfahren substituieren.
Hier liegt der erste Grund für die Lücke zwischen gedruckten und belieferten Rezepten!
Dann gibt es Patienten, die mitbekommen haben, das man nicht nur bei Wahlen seinen Willen kundtun kann, sondern auch um der "scheinheiligen" Verordnung des bisherigen Präparates durch den Arzt Nachdruck zu verleihen, indem man die Rabattsubstitution eigenhändig ausschließt.
Zugegeben gibt es auch Apotheker, die sich hier als wenig standfest erwiesen haben, zu mienem Ärger, denn wenn der Kunde dann von dort zurückkommt und laut tönt, dass es andernorts kein Problem ist, dann ist das ein Tritt in den Rücken.

Zitat:
Hier liegt das Problem der Substitution ärztlicher Leistung durch Angelernte n i c h t .

Die Substitution, mögliche Schäden betrifft nur wenige Bereiche:
Bestimmte Hormonpräparate, Arzneimittel mit einer geringen therapeutischen Breite und Arzneimittel, die galenisch bedingt ein anderes Nebenwirkungsspektrum besitzen. Das sind alles Bereiche, die beim Apotheker in guten Handen wären, würden die Kassen und andere Institutionen hier keine unseriösen Vorgaben machen. Unverträglichkeiten gegenüber Hilfsstoffen sollte der Arzt natürlich kennen und entsprechend verordnen. Die inzwischen enorm verbreiteten Aussagen wie "Ich vertrage diese Firma generell nicht" gehören sicher zur Kategorie der psychogenen Unverträglichkeiten, aber wie will man das kommunizieren??
Der größte Schaden ist sicherlich der Vertrauensverlust und die deutlich schlechter werdende Compliance. Immer häufiger frage ich so nebenbei, ob diese Mittel denn auch genommen werden, wenn man dann nicht locker lässt, dann tun sich regelmäßig Abgründe auf.

Eine Frage habe ich noch:
Zitat:
Hier liegt das Problem der Substitution ärztlicher Leistung durch Angelernte n i c h t .
Wer sind denn die Angelernten?

LG Kasi
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Alba
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Anmeldungsdatum: 23.02.2005
Beiträge: 84

BeitragVerfasst am: 19.12.07, 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Kasi,

habe ich das richtig verstanden, daß Sie Apotheker sind?
Dann könnten Sie mir vielleicht ein paar Auskünfte "vom Fach" geben:

1. Wovon hängt es ab, welches Medikament von welcher Firma der Patient erhält?
Ich habe oben schon geschrieben, daß ich allein in diesem Jahr Betablocker und ACE-Hemmer von 4 oder 5 Firmen ausprobieren mußte (womit ich eigentlich kein Problem hatte).
Manchmal mußte ich 5 € Zuzahlung leisten, manchmal aber nicht.
Wovon hängt das ab? Ich weiß, daß es Listen für bestimmte Substanzen/Hersteller gibt. Aber gibt mir die Apotheke dann nach eigenem Gutdünken, das, was sie gerade vorrätig hat? Und wenn es das zuzahlungsfreie Präparat sein sollte, habe ich halt Glück? Das kanns doch wohl nicht sein.

Zusätzlich bin ich angewiesen auf ein Medikament aus dieser Gruppe hier:
Kasi hat folgendes geschrieben::
Die Substitution, mögliche Schäden betrifft nur wenige Bereiche:
Bestimmte Hormonpräparate, Arzneimittel mit einer geringen therapeutischen Breite und Arzneimittel, die galenisch bedingt ein anderes Nebenwirkungsspektrum besitzen.

Da habe ich mir bisher Wechsel nicht gefallen lassen. Der mich betreuende Facharzt kreuzt ohnehin aut idem durch und benennt die gewünschte Firma. Beim Hausarzt hingegen erhalte ich ein Rezept ohne solche Vorgaben. Bisher ist es mir in der Apotheke trotzdem immer gelungen, meine Wünsche durchzusetzen und mein gewohntes Präparat zu erhalten.
Allerdings frage ich mich, wie lange das noch möglich sein wird.
2. also: Gibt mir die Apotheke mir das gewünschte Marken-Präparat,
- weil sie das gerade da hat oder
- weil sie mich als Kunden nicht verärgern will oder
- nach welchen Kriterien sonst?

Mein Präparat ist nun nicht so teuer, daß ich es mir nicht auch auf Privatrezept leisten könnte. Das wäre notfalls noch ein Weg. Aber was täten Patienten, die auf Medikamente mit horrenden Preisen angewiesen sind?

Freundliche Grüße von Alba
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PR
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Anmeldungsdatum: 27.03.2005
Beiträge: 2794
Wohnort: Lörrach

BeitragVerfasst am: 19.12.07, 13:07    Titel: Die Angelernten Antworten mit Zitat

sind nicht die Apotheker. Keine Sorge. Diese Bemerkung bezog sich auf den link von Alba.

Die Angelernten sind die Schwestern Agnes und die Verkäufer im Drogeriemarkt, die nach dem Willen einiger Gesetzgeber künftig die Arbeit von Studierten substituieren sollen.

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Kasi
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Anmeldungsdatum: 21.10.2006
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 20.12.07, 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
THEMA MEDIKAMENTENAUSWAHL:
1. bei einer Wirkstoffverordnung (dh es steht keine Firma auf dem Rezept) wird zuerst anhand der Kassennummer nach Rabattarzneien geschaut. Sollten mehrere zur Auswahl stehen, dann ist der Preis unwichtig, da er ohnehin nur noch fiktiv ist (denn das Geld fließt im Hintergrund vom Hersteller zur Kassse) - es kann daher jedes genommen werden. Üblicherweise bemühen sich die meisten Apotheken bei derselben Firma zu bleiben, aber auch schnell zu beliefern, dh man nimmt das was vorrätig ist - je nachdem was dem Patienten wichtiger ist.
Sollte nun ausgerechnet diese Firma nicht liefern können, dann muss man eben einen Präparatewechsel vollziehen.
Sollten alle Rabattarzneien nicht lieferbar sein, dann muss man eines der 3 momentan preisgünstigsten wählen. Sollte ein Präparat auch nur einen Cent teurer sein, dann hat der Patient auch nicht die Möglichkeit diese Differenz zu bezahlen. Für die Apotheken ärgerlich, da man eventuell so ein Präparat vorrätig hat. Die Bevorratung lässt sich nur bedingt anpassen, da die Preise sich alle 14 Tage ändern.

2. bei einer Produktverordnung (dh die Firma ist aus der Verordnung erkennbar) muss man ähnlich wie oben anhand von Wirkstoff und Kasse Rabattarzneien ermitteln und diese dann abgleichen mit der aut-idem-Liste.
Was bedeutet aut- idem? Man darf ein Präparat nur unter speziellen Bedingungen gegen ein anderes austauschen, dabei spielt nicht nur die Wirkstoffgleichheit und Dosierung, sondern auch noch eine Reihe weiterer Kriterien eine Rolle u.a. zB dass das Präparat für dieselben Indikationen zugelassen sein muss. Dafür gibt es in jeder Software eine aut-idem Funktion, die dann alle aut-idem-Präparate anzeigt.
- Fall A) Finde ich in der Aut-idem Liste ein Rabattarzneimittel, dann muss ich dieses nehmen.
Bei vielen Programmen ist Rabatt und aut-idem kombiniert, so dass man das Produkt eingibt und die Kassennummer und der Computer zeigt mir dann die zur Substitution verpflichteten Rabattarzneien an.

- Fall B) Finde ich kein Rabattarzneimittel unter den aut-idem Präparaten, dann gehe ich vor wie unter C. Das sehen so manche Kassen allerdings anders. Sie hätten gerne, dass immer substituiert wird, wenn für den Wirkstoff eine Rabattarznei existiert und zwar ohne Rücksicht auf aut-idem. Eigentlich verboten, aber aufgrund von Rabattverträgen scheinen Sicherheitsbedenken eine Rolle zu spielen. Es handelt sich hierbei nicht um eine fachliche Streitigkeit, sondern eine rein juristische, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass die Juristen dann für die möglichen fachlich begründeten Schäden ihren Kopf hinhalten wollen.
- Fall C) Es gibt ohnehin keine Rabattverträge zu diesem Wirkstoff, dann wird das Präparat abgegeben, welches auf dem Rezept steht oder eines der 3 Preisgünstigsten, falls dieses vorrätig ist und der Kunde nicht warten möchte oder falls das Genannte nicht lieferbar ist.

3. Den Fall der Reimporte erspar ich mir, denn das wäre für einen Außenstehenden nicht mehr nachzuvollziehen. Es sei nur soviel erwähnt, dass es kaum ein großeres Ärgernis gibt als die Verordnung eines Reimportes möglichst mit aut-idem Kreuz, denn sehr viele sind ohnehin nicht lieferbar und wenn sie relevant günstiger sind, dann müssen sie ohnehin abgegeben werden, aber eben die Lieferbaren. Bei Reimportverordnungen brauchen wir regelmäßig ein neues Rezept.



So bei allen 3 Fällen haben wir uns nun bemüht der Verordnung, dem Gesetzgeber und vor allen Dingen den Krankenkassen zu genügen. In der Regel verbleiben 1-3 oder 4 Präparate, die abgegeben werden dürfen. Nun sollte man sich auch darum bemühen die Compliance des Patienten nicht unnötig zu gefährden. Das bedeutet, dass man versucht einen ständigen Produktwechsel zu vermeiden und versucht das abzugeben, was der Kunde schon einmal hatte. Sollte man das ermittelte Präparat nicht auf Lager haben, dann gibt es Kunden, die lieber das nehmen was da ist (natürlich Rabatt und aut-idem entsprechend). Sollte das ermittelte Präparat nicht lieferbar sein, dann muss man eben wieder von vorne beginnen und der Präparatewechsel lässt sich nicht vermeiden.

Das zum Allgemeinen, nun die konkreten Fragen:
Zitat:
Gibt mir die Apotheke mir das gewünschte Marken-Präparat,
- weil sie das gerade da hat oder
- weil sie mich als Kunden nicht verärgern will oder
- nach welchen Kriterien sonst?

Entweder weil zufällig hierfür ein Rabattvertrag besteht, oder weil kein Rabattvertrag besteht, dann kann auch ohne "Kreuz" der Wunsch des Arztes erfüllt werden.
Oder drittens: er hat das gewünschte aufgeschrieben ohne autidem und die Apotheke lässt sich nachträglich das "Kreuz" abzeichnen. Eine gute Zusammenarbeit verkürzt die Wege.
Zitat:
Mein Präparat ist nun nicht so teuer, daß ich es mir nicht auch auf Privatrezept leisten könnte.
Das ist eigentlich für medizinisch notwendige Kassenleistungen nicht erlaubt. Keine kasse wird sich beschweren, denn damit wäre das Optimalziel der vollständigen Kostenersparnis erreicht.
Zitat:
Aber was täten Patienten, die auf Medikamente mit horrenden Preisen angewiesensind?
Dann fährt er eben 2. Klasse, wie iIn meinem weiter oben angeführten Fall. Wenn der Patient nach vielem Hin und Her endlich sehr gut auf Nebivolol eingestellt ist, dann hat er ab 1.1.08 enorme Mehrkosten zu tragen oder er wird auf neue Medikamente eingestellt, möglicherweise auch auf alte, die weniger gut geholfen oder die er weniger gut vertragen hat.

THEMA ZUZAHLUNG:
1. Der Normalfall: Die Kassen setzen für bestimmte Arzneimittel Höchstbeträge fest, die für diese bezahlt werden.
Liegt der Arzneimittelpreis höher, dann muss der Patient die Mehrkosten bezahlen (auch wenn er zuzahlungsbefreit ist). Liegt eine Firma 30% unter den Festbeträgen, dann kann dessen Präparat von der Zuzahlung befreit werden (unabhängig von der Kasse - mit Ausnahme von einer). Hierzu zählen im Moment über 10000 Präparate. Diese Festbeträge werden zB zum 1.1.08 wieder gesenkt, was dann dazu führt, dass zuvor zuzahlungsfreie Arzneimittel wieder zuzahlungspflichtig sein werden. Da in fast allen Bereichen die Spielräume der Generika-Herstseller erschöpft sind, ist davon auszugehen, dass die Zuzahlung sich in Zukunft wieder wesentlich deutlicher bei der kranken Bevölkerung bemerkbar machen wird.
Zitat:
Manchmal mußte ich 5 € Zuzahlung leisten, manchmal aber nicht.
Wovon hängt das ab? Ich weiß, daß es Listen für bestimmte Substanzen/Hersteller gibt. Aber gibt mir die Apotheke dann nach eigenem Gutdünken, das, was sie gerade vorrätig hat? Und wenn es das zuzahlungsfreie Präparat sein sollte, habe ich halt Glück? Das kanns doch wohl nicht sein.

Die Auswahl ist wieder nach der Regel: Entweder das Präparat, was verordnet wurde (evt frei/et auch nicht?!) oder eines der 3 Preisgünstigsten (Sollte überhaupt eins Zuzahlungsfrei sein, dann wird es hier zu finden sein.

2. Rabattverträge:

Manche Kassen verwöhnen Ihre Kunden damit, dass sie die Zuzahlung auch für Rabattarzneimittel aufheben, die eigentlich zuzahlungspflichtig wären. Es wird an vielen Fronten mit Vergünstigungen und Strafen dafür gesorgt, dass man sich an den Rabattverträge n beteiligt. Die einzigen, die keinen Vorteil haben und denen es herzlich wurscht ist, welches Präparat nun abgegeben wird, sind im übrigen die Apotheker.

Soweit erstmal, ist ein bisschen lang geworden, aber dennoch nur ein grober Überblick, falls es noch Unklarheiten gibt, nur zu.

VG Kasi
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Alba
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Anmeldungsdatum: 23.02.2005
Beiträge: 84

BeitragVerfasst am: 21.12.07, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Kasi,

vielen Dank für die ausführliche Antwort, ich werde sie mir glelch mal ausdrucken

Das ist ja eine reine Wissenschaft, was in der Apotheke an abrechnungstechnischen Unsinn (sorry, den Unsinn hat das Gesundheits-System verzapft, nicht der Apotheker) bedacht werden muß.
Wenn es wenigstens noch tatsächlich einen Vorteil brächte, echte Kosten sparte oder Vereinfachungen ermöglichte, aber so ... Mit den Augen rollen

Nichtsdestoweniger nutze ich die Gelegenheit, allen Beteiligten hier erstmal ein friedvolles Weihnachtsfest zu wünschen!

Freundliche Grüße von Alba
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