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[ KB ] Borreliose
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 08:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrter Herr AlexMu2,

AlexMu2 hat folgendes geschrieben::
Könnten Sie netterweise erklären...


gerne. Moderative Eingriffe können dort diskutiert werden.

Liebe Borrili,

Borrili hat folgendes geschrieben::
sie Vergessen dass man ja für die Diagnostik nicht die Gesamtzahl der Bevölkerung nimmt, sondern die Patienten welche Symptome aufweisen welche durch eine Borreliose verursacht werden könnte.


mal ehrlich, wie könnte ich das als Mediziner vergessen? Nur kann ich unterscheiden und bringe nicht alles durcheinander. Reden wir von Inzidenz und Wahrscheinlichkeiten? Dann reden wir über Bevölkerungsgruppen (s.o.).

Borrili hat folgendes geschrieben::
Aber eigentlich finde ich es erschreckend das Patienten[...] nur als Faktoren von mathematischen Rechnungen betrachtet werden.

Haben Sie nicht damit angefangen? Epidemiologie arbeit eben mit Statistiken und Zahlen.

Borrili hat folgendes geschrieben::
Patienten welche Symptome aufweisen welche durch eine Borreliose verursacht werden könnte

Es gibt eben spezifische bis pathognomische Symptome und völlig unspezifische. Bei den spezifischen ist es normal diffentialadiagnostisch an eine Borreliose zu denken. Bei den vollkommen unspezifischen Befindlichkeitsstörungen muss man die Wahrscheinlichkeiten aller möglichen in Frage kommenden Störungen in die diffentialadiagnostischen Überlegungen einfließen lassen. Das ist die tägliche Arbeit von Ärzten. Und da ist eben nicht jedes Erschöpfungssyndrom, das nach Arbeitsende um 18.00 Uhr bei Beginn der Grillparty wie weggeblasen ist, mit großer Wahrscheinlichkeit eine Borreliose.
Nirgends spreche ich für eine nachlässige Diffentialdiagnostik.

Borrili hat folgendes geschrieben::
Es geht doch einfach darum, dass man bei entsprechenden Beschwerden welche auf eine Borreliose deuten könnten auch diese in die Differentialdiagnostik mit aufnimmt und nicht diese aus rein statistischen Gründen verwirft bzw. nur von wenigen Leitsymptomen abhängig macht welches bei dieser chamäleonartiger Krankheit mit extrem vielfältiger Symptomatik ohnehin kaum möglich ist.

Ja, genau darum geht es. Was ich als unverantwortliche Irreführung bezeichne, ist, dass auch unspezifische Befindlichkeitsstörungen als Hinweis auf eine Borreliose gedeutet werden. Und da kommen berechtigt die Häufigkeiten/Wahrscheinlichkeiten ins Spiel. Bei vollkommenen unspezifischen Befindlichkeitsstörungen steht die Borreliose am Ende und nicht am Anfang der differentialdiagnostischen Überlegungen. Das legen einfach die obigen Zahlen und die genannten Studien nahe. Ich sehe aber ein, dass das für betroffene Seuchentheoretiker schwer zu schlucken ist.

AlexMu2 hat folgendes geschrieben::
NUR Müdigkeit, Unwohlsein und Vergesslichkeit rechtfertigen eine sofortige Serologie nicht, das ist schon richtig. Aber wo wird die Grenze gezogen? Wie erklärt man dem Patienten, dass die letzten 2, 3 oder 5 Jahre sinnlos ins Land gegangen sind, nur weil es ein untypischer Fall war?


Das ist in der Tat ein schwieriges Problem. Zum einen wird es leider so sein, dass wir, bevor mehr Forschungsergebnisse und bessere diagnostische Tests vorliegen, mit einer Dunkelziffer bedauerlicher Fälle leben müssen. Das andere Problem ist das mangelnde Zeitkontingent, die magelnde Nähe und das magelnde Vertrauen zwischen Arzt u. Patient. Wenn ich Müdigkeit, Unwohlsein und Vergesslichkeit bei einem Patienten, den ich kenne und für den ich mich verantwortlich fühle, nicht erklären kann, stelle ich ihn auf den Kopf. Wenn nichts anderes raus kommt würde schließlich auch eine Borrelien-Serologie gemacht.
Aber dieses Verhältnis zwischen Arzt und Patient geht leider immer mehr verloren. Nomadentum, Mißtrauen, überzogene Anspruchhaltung und Anmaßung untergraben es. Auch in diesem Thread gibt es bedauerlicherweise (inzwischen teilw. gelöschte) Hinweise darauf:
"- falsch,
- unverantwortlich,
- vergessen,
- fachärztlicher Tunnelblick,
- Leitlinie überhaupt vollständig gelesen,
- ungeeignet,
- falsche Antworten,
- falls Sie Fragen haben, können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden..."

Solange Sie vermeintliche Narrenfreiheit im Internet auskosten, arbeiten Sie - solange Sie nicht auf den Teppich zurückfinden - nicht an der Lösung des Problems sondern multiplizieren es.
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.medizin-forum.de
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Jurma
Interessierter


Anmeldungsdatum: 17.05.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrter Herr Dr. Jäckel,

ich bin durch Zufall auf dieses Forum gestoßen und habe mir diesen Thread aufmerksam und gründlich durchgelesen. Ich bin Borreliosepatient und habe fünf Jahre Ärzteodysee (bis hin zum Psychiater ob ich sie noch alle der Reihe nach habe) hinter mir bis zur eindeutigen Diagnose. Der Grund des langen Zeitraums liegt insbesondere darin begründet, dass ich an Ärzte geraten bin, die nicht sehen wollen oder können was nicht sein kann oder darf, will sagen, die sich an manifestiertre Lehrmeinungen krampfhaft festhalten. Ich finde es als tiefe Beleidigung von Ihnen, dass Sie Menschen wie wir, die durch die Borniertheit einer großen Anzahl von Ärzten für ihr ganzes Leben Gesundheitlich ruiniert sind, als Menschen darzustellen, die auf eine Frühverrentung spekulieren. Das ist ein Skandal und durch nichts zu entschuldigen. Haben Sie sich schon mal auch nur ansatzweise Gedanken darüber gemacht, wie sich Menschen (es handelt sich nämlich um solche und nicht um irgendwelche Zahlen oder Prozente) fühlen, die von den Ärzten nicht ernst genommen, als Blaumacher (ab 18..00 Uhr sind sie wieder fit genug für die Grillparty) verdächtigt oder einfach in die Psychoecke geschoben werden(neben den durch Fehldiagnosen verursachten immensen finaziellen Schaden für die Kranklenkassen)?
Wenn Sie hier einige Forenteilnehmer als nicht verantwortungsbewusste Menschen verdächtigen, sollten Sie zunächst einmal Ihr eigenes Verhalten überprüfen.
So, das musste raus und wenn Sie es als zu kritisch empfinden, können Sie es ja löschen.

Gruß
Jurma
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 13:12    Titel: Antworten mit Zitat

Liebe(r) Jurma,

Zitat:
Ich finde es als tiefe Beleidigung von Ihnen, dass Sie Menschen wie wir, die durch die Borniertheit einer großen Anzahl von Ärzten für ihr ganzes Leben Gesundheitlich ruiniert sind, als Menschen darzustellen, die auf eine Frühverrentung spekulieren. Das ist ein Skandal und durch nichts zu entschuldigen.


da haben Sie irgendwas vollkommen mißverstanden. Ich wende mich ja gerade gegen solche Pauschalisierungen und es liegt mir fern jemanden beleidigen zu wollen. Aber es gibt eine Untergruppe von Irrgläubigen, auf die das zutrifft, was ich oben geschrieben habe. Auch gibt es sicherlich auch bornierte Ärzte.

Allerdings sind die Ärzte - auch wenn sie eine Diagnose nicht erkennen - nicht Schuld an Krankheiten der Patienten. Auch wenn Sie sich da untereinander in Betroffenen-Foren einig sein sollten. Viele Betroffene weisen doch im Gegenteil selbst auf die Schwierigkeit der Diagnosestellung hin.
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.medizin-forum.de
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Jurma
Interessierter


Anmeldungsdatum: 17.05.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 13:46    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrter Herr Dr. Jäckel,

ich habe nie behauptet, dass die Ärzte an meiner Krankheit schuld haben. Die habe ich mir schon selbst eingefangen. Ich bemängele lediglich, dass sich eine große Anzahl von Ärzten nicht ausreichend mit dieser Thematik auseinandersetzt. Die Folge ist dann letztendlich, dass die Krankheit zu spät oder überhaupt nicht diagnostiziert wird und letztlich, wie bei mir der Fall, chronisch wird und damit fast nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt behandelbar ist, . Und daran, sehr geehrter Herr Dr. Jäckel, trägt die Ärzteschaft die Schuld (zumindest bei mir).

Mit freundlichem Gruß
Jurma
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

Liebe(r) Jurma,

gab es denn bei Ihnen spezifische Leitsymptome, die übersehen wurden?
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.medizin-forum.de
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Jurma
Interessierter


Anmeldungsdatum: 17.05.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Herr Dr. Jäckel,

wenn Sie mir sagen was "spezifische Leitsymptome" einer Borreliose sind, kann ich Ihnen antworten.

Gruß
Jurma (ein er Smilie )
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Jurma,

Jurma hat folgendes geschrieben::

wenn Sie mir sagen was "spezifische Leitsymptome" einer Borreliose sind, kann ich Ihnen antworten.


gerne, ich hatte ja in meinem diesem Thread zugrundeliegenden Beitrag zu Borreliose dies erläutert:
jaeckel hat folgendes geschrieben::
Stadieneinteilung und Leitsymptome

Stadium 1 + 2 = Frühstadium
Stadium 3 = Spätstadium

Stadium 1

Frühmanifestation und Leitsymptom der Lyme-Borreliose ist das Erythema migrans = Wanderrötung. Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich bildet sich eine makulöse oder papulöse Effloreszenz, die im weiteren Verlauf meist als zentral abblassendes, peripher wanderndes Ring-Erythem zuweilen auch als homogenes Erythem imponiert.

Stadium 2

Häufigste Manifestation des Stadium II ist die Neuroborreliose, insbesondere als lymphozytäre Meningoradikulitis (LMR), auch als Bannwarth-Syndrom bezeichnet. Diese bietet in der Regel eine typische klinische Symptomatik. Leitsymptome sind das radikuläre Schmerzsyndrom - charakterisiert durch quälende, brennende Schmerzen, die vor allem nachts exazerbieren - und/oder Hirnnervenparesen. Auch eine Myokarditis (Av-Block) oder eine Arthritis (Knie/Sprunggelenk) ist nicht selten.

Stadium 3

Die häufigsten Manifestationen des Stadium III sind die Lyme-Arthritis und die Acrodermatitis chronica athrophicans (ACA) . Das Befallsmuster der Lyme-Arthritis ist in aller Regel mon- oder oligoarticulär, am häufigsten sind die Kniegelenke befallen.

[...]

Unter der Vielzahl der aufgeführten seltenen und häufigeren Symptome gelten nur das Erythema migrans, das Borrelien-Lymphozytom und die Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) als krankheitsbeweisend (pathognomisch).

_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
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AlexMu2
Interessierter


Anmeldungsdatum: 16.05.2008
Beiträge: 8

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 17:15    Titel: Schlüssig und konsequent - aber zu Lasten des Individuums Antworten mit Zitat

Hallo Herr Jaeckel

Sorry, hab erst jetzt gemerkt, dass Ihnen das Forum gehört. Somit habe ICH natürlich keine Narrenfreiheit. Hab ich eingesehen.

Ihre Argumentation ist auf der Basis "... mit einer Dunkelziffer bedauerlicher Fälle leben müssen...." ehrlich gesagt logisch schlüssig und konsequent. Eine Diskussion erübrigt sich dann fast, wenn zwei so unterschiedliche Standpunkte aufeinander treffen wie "Jede Ärzetournee ist eine zuviel" und "müssen mit einer Dunkelziffer leben".



"Bei vollkommenen unspezifischen Befindlichkeitsstörungen steht die Borreliose am Ende und nicht am Anfang der differentialdiagnostischen Überlegungen. Das legen einfach die obigen Zahlen und die genannten Studien nahe. Ich sehe aber ein, dass das für betroffene Seuchentheoretiker schwer zu schlucken ist."

Ist zwar nicht meine Baustelle, aber Endemie geht in die richtige Richtung. Könnte sogar Richtung Pandemie gehen, aber man weiß nicht, worauf genau die Verdoppelung der gemeldeten BbFälle in Ostdeutschland innerhalb von 5 Jahren tatsächlich beruht. Die Beschwichtiger sagen "es wird mehr gemeldet" und die Hysteriker sagen "es werden bei weitem noch nicht alle gemeldet".


Es ist auch schwierig zu entscheiden, was ist "vollkommen unspezifisch"? Fieber, CRP,
BSG, IgG alles oB. Herzrasen, Atemnot, Stress-Anfälle, BWS-Blockaden, starke Rückenschmerzen, manchmal Gelenkschmerzen, kein Zeckenstich erinnerlich, kein EM, aber 10 Jahre extreme Risikogruppe (Soldat). Müdigkeit, Schwindel, kognitive Probleme waren da noch das Geringste. Trotzdem dauerte es 6 Monate bis zur "verlangten" Diagnostik, weil man sich ja selbst schlau macht...
Und es dauerte 24 Monate bis man die AB-Spiegel auf eigene Kosten! gemessen hat und die CoInfektion Anaplasmose gefunden hat, nachdem 30.000 Euro ergebnislose Untersuchungen und Behandlungen erfolgten (die haben mir wenigstens zwischendurch Luft verschafft).

Bringt es was, dem Arzt das vorzuwerfen?! Nein - aber ich will anderen helfen, dass sie nicht ebenfalls ausd der privaten KK rausfliegen, auf ALGII absteigen und letztlich als Hausmann landen.

Daher der Rat: Bevor man jemanden durch das MRT jagt, zum Psychiater schickt, Tropenmedizin macht, komplette Diagnostik in MS-Klinik, monatelange Physiotherapien, Endokrinologie usw usw. sollte man eine Borreliose / Anaplasmose / Rickettsiose / Bartonellose ins Kalkül ziehen und speziell deren Beschwerdebilder abfragen. Wer käme schon auf die Idee z.B. Harnverhalt, Kribbelgefühle, frühes Erwachen, Vergesslichkeit, Wortfindungsstörungen, Zahlen- und Buchstabendreher mit einem Zeckenstich in Verbindung zu bringen?

Es kann viele kleine Hinweise auf eine Zeckenerkrankung geben, aber die muss der Arzt abfragen. Der Laie würde das nicht miteinander in Verbindung bringen. Ich habe 7 Jahre lang alle möglichen Erklärungen für alle möglichen Zimperlein "gefunden" und mir gedacht "wird schon wieder". Zwei Wochen Antibiotikia und ich war so gut wie neu!


"Das andere Problem ist das mangelnde Zeitkontingent, die magelnde Nähe und das magelnde Vertrauen zwischen Arzt u. Patient. Wenn ich Müdigkeit, Unwohlsein und Vergesslichkeit bei einem Patienten, den ich kenne und für den ich mich verantwortlich fühle, nicht erklären kann, stelle ich ihn auf den Kopf. Wenn nichts anderes raus kommt würde schließlich auch eine Borrelien-Serologie gemacht."


Nach wie vielen Versuchen? Nach wie vielen Monaten oder Jahren? Der Patient will arbeiten, der Patient will leben, der Patient will keine Schmerzen haben. Was machen Sie mit ihm in der Zwischenzeit, bis die DD durch ist?




Aber dieses Verhältnis zwischen Arzt und Patient geht leider immer mehr verloren. Nomadentum, Mißtrauen, überzogene Anspruchhaltung und Anmaßung untergraben es.

Leuchtet ein - es gibt solche und solche - in jeder Berufsgruppe, in jedem Land, an jedem Ort - solche und solche. Ich habe an meinen Ärzten festgehalten und habe die zwei konsequent mit ausgewählten, kompakten, arztrelevanten Unterlagen weitergebildet. Es hat MIR etwas gebracht und den Ärzten etwas gebracht.
Inzwischen sind bei diesen Ärzten die Serologien auf Zeckenerkrankungen in der Reihenfolge ins vordere Drittel gerutscht. Letztlich sparen dadurch auch die Ärzte Zeit und Punkte/Geld. Und der Patient kann dadurch nur gewinnen.

Früher hatte mein HA einen BbFall pro Monat - nur im Sommer. Jetzt hat er wöchentlich einen BbFall fast das ganze Jahr. Und seine Behandlung und Diagnose ist zielgerichteter und deutlich effizienter.

Die Thematik muss einfach bei den Ärzten gestreut werden. Nicht hysterisch, aber konsequent. Arzt UND Patient können dadurch nur gewinnen. Eine Serologie verzögert nicht die weitere DD, aber die anderweitige DD verzögert sonst die Serologie.


Es ist evtl. hilfreich zu sagen "wer AUSSCHLIESSLICH eine leichte/mittlere UNspezifische Symptomatik hat, der sollte nicht sofort und nur an Borreliose/Zecken denken". Aber es hilft in meinen Augen nicht zu vermitteln "Hab keine Zecke oder Rötung gesehen, also ist eine Überprüfung nicht notwendig".
Wissenschaftlich und statistisch mögen Sie damit Recht haben, aber der Patient, der hier drin stöbert, weil er seinem Arzt nicht traut oder ungern zum Doc geht oder dessen Arzt einfach nicht pfiffig genug ist oder dessen Arzt sich zu sehr auf spezifische Symptome versteift - DEM ist damit nicht geholfen. Im Gegenteil.

Sicherlich gibt es eine Art Cyberchondrie inzwischen, aber das gab es schon immer und wird es auch immer geben. Aber ganz andere Baustelle. Ich hab mich im Leben nicht mit Krankheiten beschäftigt, wäre niemals auch nur auf die Idee gekommen im Internet nachzuforschen und zu schauen, wäre ich nicht durch die "wahrscheinlichkeitsberechnende Medizin" auf eine lange Ärztetournee geschickt worden. Ich behaupte jetzt einfach mal, der normale Mensch geht in ein Forum oder schaut sich bei Wiki DANN um, wenn er seinem Arzt eben nicht mehr traut, wenn er glaubt falsch behandelt zu werden, wenn sich keine Erfolge einstellen.
DAS ist der Abholpunkt von Selbsthilfegruppen und Internetforen. Und da bezweifle ich, dass Ihre Kurzzusammenfassung oder "Hilfestellung" tatsächlich hilft.

Grüße
AlexMu
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Jurma
Interessierter


Anmeldungsdatum: 17.05.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Herr Dr. Jäckel,

also, es geht über Muskkelkater am gesamten Körper, wechselnde Gelenkbeschwerden, Müdigkeit (fälschlicherweise diagnostizierte Schlafapnoe), Erschöpfungszustände, Grippegefühl, Archillessehnenbeschwerden, Taubheitsgefühle in verschiedenen Körperregionen, Konzentrationsprobleme, Leseschwierigkeiten, Augenschmerzen, Kopfschmerzen, Ring um den Kopf, Kribbeln am Kopf (wie kleinen Nadelstiche), teilweise geschwollene Gliedmaßen, starke Rückenprobleme, permanente Nasennebenhöhlenentzündungen, Tinnitus, Schlaflosigkeit etc. bis hin zu extremen Darmproblemen. Es ist alles und ich meine wirklich alles untersucht worden (auch von einer Klinik die das Wort Diagnostik in ihrem Namen hat, aber außer mich zum Psychodoc zu schicken ist denen auch nichts eingefallen), aber auf die Borreliose ist kein Mensch gekommen. Ich musste die Halbgötter in Weis darauf hinweisen.
Gruß
Jurma
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber AlexMu2,

AlexMu2 hat folgendes geschrieben::
Aber es hilft in meinen Augen nicht zu vermitteln "Hab keine Zecke oder Rötung gesehen, also ist eine Überprüfung nicht notwendig".


das habe ich ja nicht gesagt sondern von Wahrscheinlichkeiten und danach von DD gesprochen. So funktioniert halt rationale Medizin heute. Im Umkehrschluss müssten wir doch sonst alle Befindlichkeitsstörungen mal vorsorglich mindestens 1x jährlich mit einer Antibiotikum-Kur behandeln. (machen übrigens einige Ärzte bei sich - irrational aber es hilft)

Lieber Jurma,

habe ich was übersehen? Das klingt doch alles sehr vieldeutig. Hat da wirklich jemand Schuld auf sich geladen?
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.medizin-forum.de
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Borrili
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 26.02.2005
Beiträge: 83

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 19:50    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ja, genau darum geht es. Was ich als unverantwortliche Irreführung bezeichne, ist, dass auch unspezifische Befindlichkeitsstörungen als Hinweis auf eine Borreliose gedeutet werden. Und da kommen berechtigt die Häufigkeiten/Wahrscheinlichkeiten ins Spiel. Bei vollkommenen unspezifischen Befindlichkeitsstörungen steht die Borreliose am Ende und nicht am Anfang der differentialdiagnostischen Überlegungen. Das legen einfach die obigen Zahlen und die genannten Studien nahe. Ich sehe aber ein, dass das für betroffene Seuchentheoretiker schwer zu schlucken ist.

Genau das ist der springende Punkt warum fast alle der Zehntausenden Patienten mit chronischer Borreliose den gesamten Glauben an die Mediziner verloren haben.
Es wird hartnäckig verleugnet, dass die Borreliose eben doch eine häufige Krankheit ist und dass auch oft unspezifische aber extrem belastende Beschwerden einfach als einfach einfache „Befindlichkeitsstörungen“ abgetan werden, obwohl dabei auch unbedingt an die Möglichkeit einer Borreliose gedacht werden sollte. Nicht zu selten enden diese „Befindlichkeitsstörungen“ sogar im Suizid wovon es einige traurige Beispiele gibt.
Diese oft sehr kranken Menschen als schwer zu schluckende „betroffene Seuchentheoretiker“ abzutun ist nach meiner Meinung nicht mit der ärztlichen Berufsethik zu vereinbaren und man braucht sich nicht zu wundern, dass mit solchen oder ähnlichen Aussagen diese leidgeplagten Patienten eine chronische Antipathie gegen solche Ärzte entwickeln.
Wie sie klar und deutlich sagen ist die Borreliose leider fast immer am Ende und nicht am Anfang der differentialdiagnostischen Überlegungen. Genau deshalb dauert es meist im Schnitt mehrere Jahre mit unendlichen nutzlosen teuerer Diagnostik und einer oft unglaublichen Ärzteodyssee bis endlich mal einer auf die Idee kommt dieses mit in Betracht zu ziehen und entsprechend zu untersuchen.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde aber leider meist die Chance auf Heilung welche nur im Frühstadium entsprechenden Erfolg hat vertan.
Da die Borreliose eben häufig nicht dem Lehrbuch folgt ist das Festklammern an wenigen Leitsymptomen welche häufig nicht auftreten, wie z.B. da Erythema migrans bei c. 50%, doch nicht sinnvoll. Dieses würde doch nur Sinn machen wenn diese bei weit über 90% auftreten würden.
Warum wird eigentlich eine Borreliose bei unspezifischen Symptomen erst als allerletzte Möglichkeit in Betracht gezogen ?
Sind denn Borreliosepatienten nur Patienten 3. Klasse und werden fast wie Aussätzige behandelt und müssen sich noch den Spott der Ärzte wie „betroffene Seuchentheoretiker“ oder jede Menge sonstiges gefallen lassen?
Das sich solche leidgeplagten chronisch Kranken welche von den Medizinern weitgehend im Stich gelassen werden dann zu reinen Ärztehassern entwickeln ist nur allzu verständlich.

Borreliose: Eine heimtückische Infektionskrankheit als ethische Herausforderung für Ärzte, Patienten, soziales Umfeld und Gesellschaft

http://www.lymenet.de/aktive/puettmann.htm

Schöne Grüße
Borrili
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Andromeda25
Interessierter


Anmeldungsdatum: 02.05.2005
Beiträge: 15

BeitragVerfasst am: 17.05.08, 22:01    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrter Herr Jäckel,

um die ursprüngliche Frage nach der Häufigkeit der Borreliose in Deutschland resp. deren äduaquater Gewichtung in einer sinnvollen Differenzialdiagnostik schlüssig beantworten zu können, ist m.E. die Inzidenz nicht die geeignete Mess-grösse. Dies v.a. aus dem Grunde, dass die Inzidenz-per definitionem- nur die Anzahl der Neuerkrankungen/Bevölkerung/Jahr wiedergibt, jedoch keinerlei Aussage über die Häufigkeit chronischer Verläufe treffen kann. Hier wäre die Prävalenz("Anzahl der tatsächlich Erkrankten") das wesentlich geeignetere Kriterium.

Betrachtet man Studienlage/Literatur in der modernen Lyme-Borreliose Forschung, zeigt sich eine eindrückliche Diskrepanz zwischen Inzidenz/Prävalenz der Bor-reliose: so fand z.B. Hassler in einer breit angelegten Studie (Hassler 2006, mehrere tausend Probanden) für die Region Kraichtal eine Seroprävalenz von 16.7%, währenddem die Inzidenz vom gleichen Autor mit 0.5% um ein Vielfaches niedriger angegeben wird.(Hassler 1997)
Grund hierfür ist wahrscheinlich die Unterschätzung chronischer Verlaufsformen,
(Berghoff 2007 "Häufigkeit der Borreliose in der Bundesrepublik Deutschland"Winken
Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die oft publizierte Theorie einer Seronarbe durch die epi-demologischen Untersuchungen von Hassler ("Phasengerechte Therapie der Lyme-Borreliose" J Chemother 2006) stark relativiert wird, da es bei IgG Posi-tivität der Patienten stets- mit einer maximalen Latenzzeit von 8 Jahren- zu klinischen Manifestationen einer Borreliose kam. Spontanheilung konnten keine beobachtet werden.
Ganz ähnliche Ergebnisse lieferten bereits die Studien von Peterson et.al 1990. Aus diesem Grunde muss davon ausgegangen wer-den, dass die Lyme-Borreliose eine wesent-lich häufigere Erkrankung darstellt, als der von ihnen geschreibene Beitrag zu suggerieren scheint.(illustrativ dazu: Berghoff 2008 " Häufigkeit der Borreliose in der Bundesrepublik Deutschland, der von eine Erkrankungsquote von 2.5% ausgeht)

Gruss Andromeda25
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 18.05.08, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Liebe Borrili,

Borrili hat folgendes geschrieben::
es wird hartnäckig verleugnet, dass die Borreliose eben doch eine häufige Krankheit ist


das Gegenteil ist der Fall. Die Häufigkeit einer Erkrankung ist keine Gefühlssache sondern läßt sich in Zahl ausdrücken (Inzidenz/Prävalenz). Sie lesen Zahlen, zitieren Zahlen, mögen und verstehen sie aber nicht. Aber unterstellen Sie doch nicht Verleugnung.

Borrili hat folgendes geschrieben::
Genau deshalb dauert es meist im Schnitt mehrere Jahre mit unendlichen nutzlosen teuerer Diagnostik und einer oft unglaublichen Ärzteodyssee


Dass die Diffentialdiagnostik nutzlos wäre, unterstellen Sie. Ihnen sind ja all die anderen Erkrankungen, die ggf. wesentlich häufiger sind, auch nicht so wichtig. Die Diffentialdiagnostik (DD) richtet sich nach Symptomen und auch nach Häufigkeiten. Dass die Diagnosestellung schwierig ist und Sie - am Ende sind alle klüger - den Prozess der DD als nutzlos empfinden ist eine typisch eingeengte Perspektive von betroffenen Patienten. Betroffene Patienten haben Mitgefühl verdient und müssen auch nicht rational sein. Ich will auch damit nicht behaupten, dass alle Ärzte immer alles gut und richtig machen. Aber Ihre Grundeinstellung gegenüber der DD ist einfach in einem Forum, das auch Nichtbetroffene lesen, zu irrational. Man kann nicht vorher wissen, was man erst hinterher weiss. Das geht auch Ärzten so.

Borrili hat folgendes geschrieben::
Eine heimtückische Infektionskrankheit

Die Krankheit ist heimtückisch, die Zecke hinterhältig, der übertragene Keim niederträchtig und die Ärzte borniert, verschwenderisch, ahnungslos, beschränkt, arrogant, fachideologsich voreingenommen und beschränkt. Wem helfen solche moralischen Vorwürfe eines Dr. Püttmann?

Liebe Andromeda25,

danke für die sachlichen Argumente.

Eine Diskrepanz zwischen Inzidenz und Prävalenz ergibt sich ja durch die unterschiedlichen Definitionen. Insofern sehe ich da keine Widersprüchlichkeit. Sie?

Für den wichtigen Hinweis darauf

Dieter Hassler,Kraichtal hat folgendes geschrieben::
In einer Langzeituntersuchung des genannten Kollektivs konnten wir dann aber zeigen,dass alle seropositiven Probanden irgendwann auch klinisch symptomatisch werden. [...] Daher kann heute als geklärt gelten, dass die Lyme-Borreliose eine primär chronisch verlaufende Infektionskrankheit ist, bei der es in Analogie zur Syphilis keine Spontanheilung gibt. Die These eines „Durchseuchungstiters “ im Sinne einer durchgemachten,spontan überstandenen Infektion konnte nie belegt werden und sollte heute obsolet sein.

Quelle: Chemother J 2006;15:106 –11.:Phasengerechte Therapie der Lyme-Borreliose

bin ich dankbar und habe das deswegen hier aufgenommen.
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
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Jurma
Interessierter


Anmeldungsdatum: 17.05.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 18.05.08, 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Herr Dr. Jäckel,

wie darf ich Ihre Aussage

"Lieber Jurma,

habe ich was übersehen? Das klingt doch alles sehr vieldeutig. Hat da wirklich jemand Schuld auf sich geladen?"

verstehen??

Borreli spricht mir aus der Seele.

Gruß
Jurma
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jaeckel
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Anmeldungsdatum: 15.09.2004
Beiträge: 4711
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 18.05.08, 13:34    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Jurma,

ich meine das:

Jurma hat folgendes geschrieben::
trägt die Ärzteschaft die Schuld (zumindest bei mir).


Wenn die Symptome wechselnd und vieldeutig sind, ist die Diagnosestellung sehr schwierig - auch wenn die Ärzte sich mit Borreliose auskennen. Manche bezeichnen deswegen die Krankheit ja auch als heimtückisch. Auch gibt es ja noch viel zu forschen und ständig kommen neue Ergebnisse hinzu. Tragen Ihre Ärzte dafür eine Schuld?
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Ihr Achim Jäckel
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