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Lungenentzündung nach Bypassoperation/künstl. Koma

 
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Gracy
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Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 2

BeitragVerfasst am: 20.10.05, 17:58    Titel: Lungenentzündung nach Bypassoperation/künstl. Koma Antworten mit Zitat

Hallo,

mein Vater liegt gerade im künstl. Koma bei Lungenentzündung und Pilzbefall nach dreifacher Bypassoperation. Nun habe ich einige grundsätzliche Fragen:
- Woher kommen die Pilze in der Lunge und die Lungenentzündung?
- Wie lange brauchen die Medikamente ungefähr bis sie wirken?
- Ist es möglich, dass der Körper das nach einer so schweren Op und ansonsten nicht gerade gutem Allgemeinzustand (starker Raucher und große Rückenprobleme) schafft?
- Merkt er dass man ihn besucht? Ich wohne 2h von der Klinik entfernt, bin voll berufstätig und arbeite 3h von der Klinik entfernt. Bin die Einzige, die ihn besucht - und das auch nur am Wochenende. Mache mir Vorwürfe, dass ich es nicht öfter schaffe hinzufahren...

Danke für die Antworten!

Gracy
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Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 17.09.2004
Beiträge: 1766
Wohnort: Schleswig-Holstein

BeitragVerfasst am: 20.10.05, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Gracy !!!

Gracy hat folgendes geschrieben::
Woher kommen die Pilze in der Lunge und die Lungenentzündung?

Die Lungenentzündung entsteht durch Bakterien, gegen die sich Ihr Vater in seiner momentan sehr abwehrgeschwächten Situation nicht wehren konnte. Gerade die künstliche Beatmung und die dafür notwendigen Narkosemedikamente schalten die Schutz- und Selbstreinigungsfunktionen der Lunge aus und bieten so eine ideale Angriffsfläche für Krankheitserreger. So wird, statt das Sekret selber abzuhusten, regelmäßig mit einem Katheter das anfallende Sekret abgesaugt. Auch die sonst durch die Nase stattfindende Luftbefeuchtung und -erwärmung muss künstlich hergestellt werden, so dass unter diesen unphysiologischen (unnormalen) Bedingungen ein idealer Nährboden für Bakterien und sonstige Krankheitserreger entsteht. Auch der Bewegungsmangel ist der Sache nicht förderlich. Trotz bester hygienischer Arbeitsweisen und den stetigen Bemühungen (Prophylaxen), eine derartige Komplikation zu vermeiden, lässt sich eine solche Lungenentzündung bei beatmeten Intensivpatienten häufig nicht verhindern.
Die Pilzinfektion ist dabei dann leider noch die Steigerungsform. Durch die notwendig breite antibiotische Behandlung der Lungenentzündung haben nun die Pilze ein leichtes Spiel, sich zum Beispiel in der Rachenflora auszubreiten und gelangen am Beatmungsschlauch vorbei in die Lunge des Patienten. Es ist ein häufig unvermeidbarer Kreislauf, der nur durch hochpotente Medikamente sowohl gegen die Bakterien (Antibiotika) als auch gegen die Pilze (Antimykotika), unterbrochen werden kann.

Gracy hat folgendes geschrieben::
Wie lange brauchen die Medikamente ungefähr bis sie wirken?

Wenn wir von den Medikamenten gegen die Lungenentzündung und gegen die Pilzinfektion sprechen, dann sollten diese innerhalb weniger Tage wirken. Hier dient schon das gemessene Fieber im Verlauf als ein einfaches Beobachtungskriterium. Um das richtige Medikament gegen genau diese krankheitsverursachenden Erreger der Lungenentzündung zu finden, kann man steril abgesaugtes Sekret aus der Lunge mikrobiologisch untersuchen lassen. Hierbei können unter dem Mikroskop diese Erreger nachgewiesen und zudem auch schon im Labor auf Ihre Wirkung mit Antibiotika ausgetestet werden (sog. Antibiogramm). Damit kann man bereits im Vorfeld einer Antibiotika-Therapie in Labortests klären, mit welchem Medikament die Infektion behandelbar wäre. Diese mikrobiologische Suche nach Erregern gehört heute in allen Kliniken zum Standardverfahren. Trotz dieser Untersuchungen kann es aber durchaus auch möglich sein, dass die Medikamente nicht wirken (Resistenzentwicklung der Erreger gegen das eingesetzte Medikament) und man mit einem anderen Medikament die Behandlung fortführen muss.

Gracy hat folgendes geschrieben::
Ist es möglich, dass der Körper das nach einer so schweren Op und ansonsten nicht gerade gutem Allgemeinzustand (starker Raucher und große Rückenprobleme) schafft?

Nach Ihren Schilderungen befindet sich Ihr Vater schon in einem sehr zähen und schwierigen Krankheitsverlauf, den man aber in der heutigen Intensivmedizin sehr häufig erlebt und so gehört eben auch die Behandlung schwerwiegender Infektionen zu den täglichen Herausforderungen in diesem (für die Angehörigen oft schwierig zu verstehenden) Bereich. Deshalb verstehen Sie bitte diese Aussage nun auch nicht als verbindliche Antwort (die man Ihnen anhand Ihrer Schilderungen in einem Internetforum so auch nicht geben kann) auf Ihre sehr schwierige Frage, aber: "es ist möglich und auch Sinn dieser ganzen Maßnahmen". Vieles ist einfach nicht vorhersehbar und Prognosen sind oft mehr als schwierig (bis unmöglich). Was sagen denn die Ärzte zum Zustand Ihres Vaters? Ich bin mir sicher, dass die Ärzte und Pflegekräfte vor Ort ihr Bestes tun werden, um Ihren Vater schnellstmöglich wieder auf die Beine zu bringen.

Gracy hat folgendes geschrieben::
... Merkt er dass man ihn besucht? ... Mache mir Vorwürfe, dass ich es nicht öfter schaffe hinzufahren...

Vermutlich nimmt er seine Umwelt (in Abhängigkeit zur Tiefe dieses künstlichen Komas) anders wahr, als Sie und ich es uns vorstellen können. Man muss schon davon ausgehen, dass das Unterbewusstsein vieles mitbekommt - auch wenn sich die meisten Patienten in der Zeit nach einem künstlichen Koma nicht mehr daran erinnern können. Deshalb ist die Kommunikation und auch der menschliche Kontakt (berühren, streicheln, die Hand geben etc) bei den Besuchen so wichtig. Gelegentlich beobachtet man dabei sogar, dass sich der Puls (am Monitor) etwas verlangsamt oder auch mal der Blutdruck etwas ansteigt - was ein Hinweis auf die Reaktion des Besuches sein kann (aber nicht muss).
Ich kann es schon verstehen, dass Sie bei diesem langen Anfahrtsweg nicht täglich zu Besuch kommen können. Sind Sie denn die einzigste Bezugsperson oder kommen noch andere Angehörige bei Ihrem Vater zu Besuch? Die Schuldgefühle kann ich Ihnen leider nicht abnehmen - aber ich empfinde einen kommunikativen und liebevollen Besuch alle 3 Tage besser als einen täglichen Besuch, der nach 3 Minuten schweigend abgebrochen wird. Fragen Sie doch mal auf der Intensivstation nach, ob Sie vielleicht eine besprochene oder mit Lieblingsmusik bespielte Kassette oder für die Aufwachphase ein Bild von Ihnen oder der Familie mitbringen können. Auch das Rasierwasser mit persönlicher Note o.ä. könnte ja eine gewisse Stimulation für das Unterbewusstsein sein. Denn um die Stimulation des Unterbewusstseins geht es ja u.a. auch bei den Besuchen.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Zuversicht in dieser ohne Frage sehr schwierigen Zeit und Ihrem Vater eine schnelle Besserung in seinem Zustand.

Herzliche Grüße
_________________
Gunnar Piltz
DMF-Moderator
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Gracy
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Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 2

BeitragVerfasst am: 21.10.05, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr geehrter Hr. Piltz,

danke für Ihre Erklärungen. Mir ist klar, dass es sich nur um allgemeine Aussagen handelt und Sie im konkreten Fall keine Aussagen treffen können...
Ich konnte heute ungeplant meine beruflichen Termine verschieben und hinfahren. Mittlerweile wurden die Schlafmittel abgesetzt (war gestern noch nicht klar) und er hat mich angesehen und meine Hand genommen. Bin daher trotz -oder wegen(?!) ärztlicher Aussagen (es kann jederzeit in die eine wie auch in die andere Richtung kippen, aber momentan machen wir positive Fortschritte) positiv gestimmt und werde am Wochenede jeden Tag hinfahren.
Nochmals vielen Dank für die Informationen- es macht es leichter manches zu verstehen. Ich bin mir sicher, dass die Ärzte und das Pflegepersonal ihr Bestmöglichstes tun. Auch sehe ich es so, dass sie sich auf die Patienten konzentrieren sollen und nicht so sehr auf die Angehörigen. Deswegen bin ich sehr dankbar für dieses Forum, Ihre Antwort, die Vorbereitung darauf, was alles noch kommen kann (Halluzinationen, etc..) und die Freizeit die Sie investieren um anderen zu helfen, die Sie nicht mal kennen. Herzlichen Dank!!!
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Gunnar Piltz
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 17.09.2004
Beiträge: 1766
Wohnort: Schleswig-Holstein

BeitragVerfasst am: 21.10.05, 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Gracy !!!

Gracy hat folgendes geschrieben::
Deswegen bin ich sehr dankbar für dieses Forum, Ihre Antwort, die Vorbereitung darauf, was alles noch kommen kann (Halluzinationen, etc..) und die Freizeit die Sie investieren um anderen zu helfen, die Sie nicht mal kennen. Herzlichen Dank!!!

Vielen lieben Dank - ein solches Feedback schafft Motivation und trifft unser Anliegen in diesem Forum!

Herzliche Grüße
_________________
Gunnar Piltz
DMF-Moderator
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