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Hirnschaden nach Reanimation auf der Intensivstation
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Fisch Richard
Interessierter


Anmeldungsdatum: 28.05.2005
Beiträge: 12
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 04.08.05, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Anno 58,

ich habe gerade alle Beiträge zu dem Verlauf von Ihrer Frau gelesen. Es tut mir sehr leid, was Ihrer Frau widerfahren ist, eine echte Katastrophe! Das sind genau die Verläufe, die die Anästhesie und die Intensivmedizin so grausam machen-für Patient und Personal! Neben der menschlichen Katastrophe kommt noch eine juristische und finanzielle.

Die Diskussion über das richtige Managment der Atemwegskatastrophe wurde ja zum Teil schon geführt. Aus meiner bisherigen klinischen Erfahrung (immerhin 10 Jahre Anästhesie, Intensiv und Notfallemdizin) habe ich das Fazit gezogen, daß es einen Punkt gibt, an dem ich der Vermeidung einer Hypoxie alles andere unterordnen muß (Zitat eines Chirurgen "Verbluten dauert länger als ersticken") und ggf. zu drastischen/invasiven Maßnahmen greifen muß. Aus diesem Fazit mußte ich bisher 2 Mal Notkoniotomieren: 1 mal war der hypoxische Herz-Kreislauf-Stillstand bereits eingetreten und der Patient verstarb und in der anderen Situation ( es kam in Folge einer allergischen Reaktion zu einer extremen Zungenschwellung an der die Patientin zu Ersticken drohte) überlebte die Patientin unbeschadet.
Leider war in beiden Fällen im Vorfeld die Situation (von anderen Kollegen) unterschätzt worden, solange bis der point of no-return überschritten war.

Was war denn bei Ihrer Frau der Grund für den Atemstillstand?
Gab es eine Einblutung oder Schwellung? Oder trat der Atemstillstand aus anderen Gründen ein?? Was wurde Ihnen dazu erzählt.
Vom Verlauf her (schwierige und lange Intubation) erscheint eine Einblutung oder Schwellung wahrscheinlich.
Erstaunlich finde ich die relativ lange Zeit zwischen Beginn der Beschwerden gegen 20.00 Uhr und der Ultraschallkontrolle gegen 23.00 (gab es eine Kontrolle der Kreislaufwerte, der Sauerstoffsättigung und des Hb-Wertes).

Ob es einen Schuldigen für den Verlauf gibt, kann und mag ich aus den naturgemäß unvollständigen Angaben nicht schlußfolgern.
Ob man in diesem Zusammenhang von einem schicksalhaften Verlauf sprechen kann, bezweifle ich aber auch.

Es bleibt für Sie das Problem, daß Sie ohne eine schuldige Person, keinen finanziellen Ausgleich für den enstandenen "Schaden" bei Ihrer Frau bekommen werden.
Es gibt in Deutschland eben keine "Gefährdungshaftung" für die Situation, daß ein Mensch "gesund" ins Krankenhaus geht und danach ein Vollpflegefall ist. Das daß nicht in Ordnung ist, daß die Dinge (mindestens) nicht so gelaufen sind wie sie sollten, ist doch völlig offensichtlich. Es ist auch im System Krankenhaus, das hoch arbeitsteilig arbeitet, immer schwerer den Verantwortlichen zu finden, da eigentlich immer eine Kette von Fehlerchen, Fehleinschätzungen, Verzögerungen... letztlich zur Katastrophe führen und nicht der eine große Fehler den eine bestimmte Person verursacht hat.

Über Strukturprobleme im Krankenhaus (Personalverknappung aus Kostengründen, Defizite in der Ausbildung (Können ale Ärzte auf Intensivstationen gut Intubieren?)) will ich da noch gar nicht sprechen.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft für Ihren weiteren Weg!!

Richard Fisch
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Anno_58
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 11.06.2005
Beiträge: 27
Wohnort: nrw

BeitragVerfasst am: 05.08.05, 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Richard Fisch,

Ich danke Ihnen für Ihre Stellungnahme. Es ist die erste eines Mediziners in diesem Forum, die auch einen Fehler für möglich hält.

Zitat:
Was war denn bei Ihrer Frau der Grund für den Atemstillstand?


Es gab ein Gespräch mit den verantwortlichen Ärzten.
Bei dem Gespräch mit den Ärzten des KrKh in dem es zu dem Vorfall kam, wurden folgende Möglichkeiten ausgeschlossen:



  • Fremdkörper in der Luftröhre (z. Bsp. Lutschpastille gegen die Halsschmerzen)

  • - Ausgeschlossen, es wurde kein Fremdkörper gefunden, bzw wäre die Intubation bei Fremdkörper nicht möglich gewesen.


  • Herzstillstand

  • - Ausgeschlossen, der Herzstillstand war Folge des Atemstillstandes


  • Schwellung im Bereich Luftröhre

  • - Ausgeschlossen, bei der Notfallmäßigen Öffnung der OP-Wunde auf der ITS wurden keine Anzeichen gefunden


  • Starke Verschleimung/Schleimpropf

  • - Ausgeschlossen, die nach Intubierung abgesaugte Schleimmenge steht hierzu im Widerspruch


  • Nachblutung

  • - Ausgeschlossen, bei der Notfallmäßigen Öffnung der OP-Wunde auf der ITS wurden keine Anzeichen gefunden


  • Lungenembolie

  • - Ausgeschlossen, keine Anzeichen dafür vorhanden


Ich hatte am 15.07.05 geschrieben:
Zitat:
Die entfernte SD war sehr groß, hat die Luftröhre umfasst und möglicherweise seit Jahren eine "Korsettfunktion" auf die Ringknorpel der Luftröhre gehabt.


Wie man mir nun erklärte, kann es unter dem Einfluss dieses "Korsetts" zu einer Erweichung der Ringknorpel gekommen sein. Nachdem nun der Tubus gezogen war begann die Luftröhre zusammen zu fallen, bis sie dann schließlich kollabierte. Es soll sich hier um eine sehr seltene Komplikation handeln.

Da es in dem zeitlichen Ablauf auch bei mir immer wieder Irrtümer und Missverständnisse gab, hier noch mal die Chronologie:

Gegen 11:30 Uhr kam meine Frau von der Aufwachstation zurück auf Station
sie war wach und ich habe mit ihr gesprochen. Da sie aber noch sehr müde war bin ich kurz darauf gegangen.

Gegen 15:00 Uhr habe ich meine großen Kindern zu ihr gebracht. Ich ging sofort wieder, meine Kinder blieben bis etwa 15:30 Uhr, da meine Frau sich noch sehr schlapp fühlte.

Gegen18:30 Uhr bin ich noch mal zu ihr gegangen. Es ging nun so einigermaßen. Meine Frau klagte über ein zunehmendes Engegefühl im Hals. Ich informierte die Schwester, welche ihrerseits den Arzt informierte. Da meine Frau nun immer wieder wegnickte verließ ich sie gegen 19:30 Uhr

Ab hier weiss ich den Ablauf nur noch vom Hörensagen, unterschiedliche Informationen haben hier zu Irrtümern und Fehlinformationen geführt. Dies ist jetzt der "letzte Stand":

Gegen 20:00 Uhr wurde meine Frau vom diensthabenden Arzt untersucht, welche keine äußerlichen Anzeichen für eine Nachblutung feststellen konnte. Er ordnete aber eine US Untersuchung an und meine Frau wurde in die Ambulanz verlegt. Da auch hier nichts festgestellt wurde, wurde meine Frau nun auf die ITS verlegt.

Gegen 23:00 Uhr soll meine Frau einen im Raum anwesenden Pfleger angesprochen haben. Sie soll ihn gebeten haben ihr aufzuhelfen, da sie nur sehr schlecht Luft bekäme. Der Pfleger half ihr sich auf die Bettkannte zu setzen und wollte nun wohl Massnahmen zur Verbesserung der Sauerstoffversorgung treffen. Aus den Augenwinkeln soll er gesehen haben, wie meine Frau auf Bett zurück fiel. Gleichzeitig soll die Atmung ausgesetzt haben. Der Pfleger habe nun nach Hilfe gerufen und angefangen haben mit Beutel zu beatmen. Der auf der Station anwesende Arzt soll sofort zur Stelle gewesen sein. Zwischenzeitlich ist es dann wohl zum Herzstillstand gekommen und es musste reanimiert werden. Es war nun wohl sehr schwierig den Tubus einzuführen, es gelang dem anwesenden Arzt nicht, so dass er eine Oberärztin dazu rufen lies. Die Oberärztin soll unverzüglich vor Ort gewesen sein und ihr gelang es schließlich den Tubus einzuführen. Die vorgehenden Intubierversuche sollen mehrfach zur Beutelbeatmung unterbrochen worden sein. Der gesamte Vorgang von Atemstillstand bis Intubierung soll etwa 10 Minuten in anspruchgenommen haben.
Die OP Wunde wurde nun auf der ITS notfallmässig geöffnet. Hierbei konnten keine Anzeichen für einen Auslöser des Atemstillstandes festgestellt werden.

Gegen 02:00 Uhr wurde meine Frau nun in den OP gebracht wo die Wunde nun nach eingehender (befundloser) Untersuchung wieder geschlossen wurde.

Gegen 04:30 Uhr wurde ich vom Operateur angerufen und darüber informiert, das es Komplikationen gegeben habe.

Dies ist wie gesagt der letzte Stand. Die Betreuerin meiner Frau hat wohl die Krankenakte angefordert. Da sie auch den o.a. Ablauf von mir kennt, wird sie mich bei Differenzen wohl informieren.

Zur Frage nach den Vitalfunktionen und der Sauerstoffsätigung:

Meine Frau soll an einem Monitor mit Pulsoximeter angeschlossen gewesen sein.

Vielleicht kann mir noch folgendes beantwortet werden. Von einer Person aus dem Bereich Intensivpflege wurde ich darüber informiert, dass bei Beschwerden nach Hals OP's gundsätzlich auf ITS verlegt wird und dort ein Intubationsset sowie ein Notfall Koniotomieset bereitgestellt wird. Falls vorhanden wird auch ein Brochosskop bereitgestellt.

Ist dies in der Tat das standardmäßige Vorgehen?

Ich danke für die Hilfe und Unterstützung
_________________
Gruß

Anno_58
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Fisch Richard
Interessierter


Anmeldungsdatum: 28.05.2005
Beiträge: 12
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 06.08.05, 09:05    Titel: Jetzt wird da schon einiges klarer! Antworten mit Zitat

Lieber Anno 58,

vielen Dank für Ihre Antwort. Grundsätzlich wird dadurch schon einiges klarer. Zumindest im Vorfeld (Schilddrüsen OP mit nachfolgender Atemnot, Schall unauffällig: Patient wird auf Intensiv gelegt) wurde offensichtlich sorgfältig und angemessen mit Ihrer Frau umgegangen. Die Ihnen gegebene Erklärung, daß es zu einer "Erweichung der Luftröhre" gekommen sein kann mit einem Kollaps, der dann eine Verlegung der Atemwege macht, erscheint mir plausibel. Es konzentriert sich das Geschehen damit auf die Intensivstation. Gab es bereits vor dem Kollaps Zeichen für einen Sauerstoffmangel, kündigte sich der zunehmende Luftröhrenkollaps durch "Geräusche" bei der Einatmung (Stridor) vor dem Kollaps an?
Es bleibt noch die Frage nach der Ursache des Herstillstands? Im Moment ist das wahrscheinlichste, daß er durch einen Sauerstoffmangel hervorgerufen wurde. Und ein Herstillstand durch Sauerstoffmangel bei einer jungen (?), herzgesunden Frau erfolgt erst nach einem längeren Sauerstoffmangel (mindestens 5-10 Minuten). Wenn das Herz durch Sauerstoffmangel stehen bleibt, ist das Gehirn mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon schwer geschädigt. Von daher war der Zeitraum zwischen eingetretenem Atemstillstand und einer Sauerstoffversorgung durch Beatmung (Maske oder Tubus) zu lange-wodurch auch immer.

Letztlich gilt es die Vorgänge auf der Intensivstation zu beleuchten, ob ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, was ich auf der Basis der vorliegenden Informationen nicht entscheiden kann und auch nicht will. Das wird letztlich Sache der Gutachter sein.

Richard Fisch
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Anno_58
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 11.06.2005
Beiträge: 27
Wohnort: nrw

BeitragVerfasst am: 08.08.05, 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Richard Fisch,

ich Danke für Ihre schnelle Antwort. Zu Ihren Rückfragen:

Zitat:
Gab es bereits vor dem Kollaps Zeichen für einen Sauerstoffmangel (...)


Nach Angabe des Operateurs (gleichzeitig Chef d. Chirurgie) nein. In seinem Bericht an den Hausarzt schreibt er ausdrücklich, es habe keine Atemnot bestanden. Trotzdem wurde bereits auf Station prophylaktisch Sauerstoff über eine "Brillenmaske" (so wurde es mir erklärt) gegeben. Die Prophylaxe wurde auf der ITS fortgesetzt (nach Angabe des Chefs der ITS)

Zitat:
(...)kündigte sich der zunehmende Luftröhrenkollaps durch "Geräusche" bei der Einatmung (Stridor) vor dem Kollaps an?


Gem. beider Chefs (Chirurgie u. ITS) nein. Wobei ich davon ausgehe, dass beiden hier nur berichtet wurde, sie also selbst nicht vor Ort waren.

Zitat:
(...)ein Herzstillstand durch Sauerstoffmangel bei einer jungen (?), herzgesunden Frau erfolgt (...)

44 Jahre, sehr sportlich (Joggen, Walking, strong Walking, nordic Walking) allerdings Raucherin (20/Tag)

Ich habe noch weitere Infos. Alles hier zu posten würde m. M. n. den Rahmen des Forums sprengen. Bitte stellen Sie ggf. gezielte Fragen. Als medizinischer Laie kann ich nicht beurteilen welche der mir vorliegenden Infos relevant und welche nur "Beiwerk" sind.

Ich möchte Ihnen nochmals Danken. Sie sind der erste "Fachmann" in diesem Forum bei dem ich nicht das Gefühl habe in eine "Verteidigungsposition" zu kommen. Die meisten Beiträge erzeugen in mir das Gefühl, dass ich die "heilige Kuh" zwar nicht schlachten, ihr aber kräftig in das im "Götz - Zitat" beschriebene Körperteil treten will. Seien Sie versichert, dass ich weder das Eine noch das Andere beabsichtige. Dafür gibt es eine gerichtlich bestellte Betreuerin und die braucht mit Sicherheit kein Forum.
Was ich möchte ist Klarheit über das was vorgefallen ist, was mir meine Frau, meinen Kindern die Mutter genommen hat.

In diesem Sinne.
_________________
Gruß

Anno_58
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