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Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 1353 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 25.06.06, 17:09 Titel: Mutter im Heim - sie möchte sterben
Hallo,
meine 93-jährige Mutter ist jetzt im Heim, obwohl sie niemals von zu Hause weg wollte. Sie hatte einen sog. Pieper und schlich sich von Küche zum Wohnzimmer und immer häufiger ins Bett und hielt sich immer mehr fest. Ihr Appetit wurde weniger, sie magerte ab, die Alterszuckerproblematik wurde schlimmer, so dass zweimal täglich Insulin gespritzt wurde (vorher Tabletten). Sie litt auch zunehmend an einer leichten Demenz, aber keiner merkt das so schnell. Sie wirkt ganz normal, aber ich weiß, dass sie immer das Gleiche in immer kürzer werdenden Abständen wiederholt. Auch sind schon alle Herdplatten komplett durchgebrannt.
Schließlich musste sie wegen einer Unterzuckerung mittels Pieper Hilfe holen. Sie kam ins Krankenhaus.
Leider lebt meine Mutter ganz allein. Meine Schwester lebt in Kanada und ich lebe 400 km entfernt. Nun kam sie vom KH gleich in ein Stift, unser Wunschstift eigentlich, denn das Heim ist klein, hell und alle sind freundlich. Aber meine Mutter, die sich nie so gut auf "Fremde" einlassen konnte, ist totunglücklich. Sie weiß, sie kann nicht wieder nach Hause, deshalb möchte sie am liebsten sterben.
Wir hatten schon zweimal eine Pflegestufe beantragt, die jedesmal abgelehnt wurde. Widerspruch haben wir nicht eingelegt, weil meine Mutter das nicht wollte. Sie hatte Angst, dass sie dann in ein Heim müsste. Aber jetzt geht es nicht mehr, sie traut sich das selbst nicht mehr zu, zuhause zu leben. Sie ist zwar jetzt auch nur zur Kurzzeitpflege, und selbst die wurde abgelehnt, aber das KH und das Heim meinen, sie wäre ein Fall für die Stufe 1. Und ohne Pflegestufe, soz. als Privatzahler, wird sie nicht aufgenommen - aber dann würde ds Geld sowieso in wenigen Monaten nicht mehr vorhanden sein.
Sie ist erst 3 Tage dort. Aber sie weint und als sie heute nicht wusste, wie sie (wegen der Hitze) von Esssaal wieder zurück in ihr Zimmer kommen sollte, hat sie 30 Minuten gewartet, bis ihr jemand half. Sagt sie, sicher ist das auch übertrieben und sie hat sich nicht entsprechend bemerkbar gemacht. Aber sie dementiert das.
Was ist bloß zu tun? Ich bin noch berufstätig und kann hier nicht weg. Am WE wollte ich ihr einen Fernseher bringen (also hinfahren). Erst sagt sie, ja, dann wieder, ich brauche nicht "extra" kommen, das möchte sie mir nicht antun, und einen Fernseher braucht sie sowieso nicht mehr.
Ich verzweifle selbst bald, zumal ich mich zurzeit selbst mit einer schweren Erkrankung belasten muss.
Wer kann mir Tipps geben? _________________ Im Forum seit 2000, ED 2/2000, Ablatio bds., mehrere missl. Aufbauversuche, seither Dauerschmerzen. 2006 diffuse Mamma-Fernmetastasen im Bereich Bauchspeicheldrüse, inoperabel (Peritonealkarzinose); Magen/Gallenausgang verlegt, seit Oktober 2006 Femara
So geht es vielen alten Herrschaften die aus ihrer gewohnten Umgebung ins Heim wechseln müssen. Da sie erst 3 Tage dort verweilt würde ich erst nochmal abwarten. Sie muß sich erstmal an den vorgegebenen Tagesablauf wie Essenszeiten ect. , sowie auch an die fremde Umgebung gewöhnen. Auch muß sie erst Vertrauen gegenüber dem Pflegepersonal gewinnen, das braucht alles seine Zeit. Dann äußert sie dann auch mal ihre momentanen Wünsche und Bedürfnisse. Gibt es denn irgendwelche Beschäftigungsmöglichkeiten im Heim? Wie z.b. Bastelrunde, Singgruppe usw.? Normalerweise versucht das Pflegepersonal auch sie in diesen Kreisen zu integrieren. Das immer wiederkehrende Weinen sollten sie erstmal zu einer "normalen Trauer" zählen. Sie hat ja schließlich ihr eigenes Heim verloren und trauert nun, das sollte erstmal zugelassen werden. Ich habe schon viele ältere Herrschaften erlebt die anfangs so in etwa reagierten. Die Eingewöhnungszeit kann bis zu einigen Monaten andauern. Hat sie denn ein paar "eigene Gegenstände" mitnehmen können? Oft hilft es Bilder aus der Wohnung zu platzieren, mit eigenen Decken (Wolldecken, Tagesdecken) das Bett zu schmücken, das schafft auch etwas Sicherheit! Warten sie einfach mal ab wie sich die Sache entwickelt! Sie können auch hier gerne weiter berichten welche weiteren Schritte ihre Mutter nach vorne macht! Ich wünsche ihr ein schnelles einleben und verbleibe mit
so ein plötzlicher Umzug in eine neue Umgebung ist für deine Mutter – und auch für dich – nicht einfach. Mit dieser Situation muss man lernen, umzugehen.
Das ist ein "unwiderruflicher“ Schritt seine vertraute Umgebung einzutauschen, von lieb gewonnenen Erinnerungen Abschied zunehmen, sich auf neue Begebenheiten, Gesichter einzustellen. Das muss erst einmal psychisch verkraftet werden.
Würden wir uns nicht selbst auch in diese "normale Trauer“ zurückziehen, weil es kein "Zurück“ mehr gibt?
Mit der Zeit wird sie sich einleben und auch Vertrauen aufbauen zum Pflegepersonal, der Betreuung, die ihr zuteil werden wird. Sie wird das erst einmal ganz vorsichtig „beäugen“ – in der Anfangszeit kann es sein, dass sie alles abblockt. Kann sein – muss aber nicht!
Die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sicherlich versuchen, sie in den Tagesablauf/ Gemeinschaftsleben mit einzubeziehen.
Auf ihre Entscheidungsfähigkeit, Noch-Selbstständigkeit, Mobilität sollte jedoch Rücksicht genommen werden.
Der Aufbau einer "persönlichen" Beziehung , intensiv auf sie eingehen – ihre Wünsche respektieren -, das muss erst einmal aufgebaut werden. Aber man sollte sie bitte so akzeptieren, wie sie ist.
Und sicherlich ist eine Pflegekraft/ Helfer bereit, die Mutter begleitend in ihr Zimmer zu bringen. Nur aus ihrer Sicht könnte es sein, dass das nun mal eben nicht sofort geschah.
Damit muss sie lernen umzugehen, dass auch noch andere Menschen versorgt sein möchten!
Besteht die Möglichkeit für die Mutter einen Rollator auszuleihen?
Bitte darauf mal die Pflegeleitung ansprechen, die das weitere veranlassen wird.
Wäre eventuell noch eine „Verlegung“ möglich, in ein Heim deiner Nähe?
So bliebe dir die lange Anfahrt erspart und der familiäre Kontakt wäre intensiver.
Sollte es dir zum Wochenende möglich sein, besuche bitte deine Mutter und verschaffe auch du dir einen Einblick in die neue Umgebung.
Das wird auch dich ein wenig beruhigen
Lass bitte keine Zweifel bei dir aufkommen, deine Mutter ist versorgt was Pflege und Betreuung angeht!
DU solltest DICH aber bitte nicht selbst vergessen, sei dir wichtig
Mit den besten Wünschen für dich und deine Mutter,
liebe Grüße
Alma
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"Versuche stets, ein Stückchen Himmel über deinem Leben freizuhalten!“ Marcel Proust
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 1353 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 03.07.06, 21:49 Titel:
Hallo,
herzlichen Dank für die beiden Antworten. Mittlerweile war ich 4 Tage bei meiner Mutter und wäre auch noch länger geblieben. Aber aus gesundheitlichen Gründen musste ich wieder zurück.
Ich habe meiner Mutter jetzt ihren Rollator gebracht, so dass Sie sich wenigstens zum Esssaal bewegen kann. Bei meinen täglichen mehrstündigen Besuchen habe ich auch versucht, sie bei dem schönen Wetter nach draußen auf die Bank zu locken, was sie wohl mehr mir zu Gefallen gemacht hat. Sie entschuldigte sich sogar, dass ich jetzt selbst für mein Essen sorgen müsse.
Das Pflegepersonal dringt sehr stark darauf, dass meine Mutter zum Essen in den Esssaal geht. Ganz selten - von Schwester zu Pfleger unterschiedlich - wird ihr auch das angerichtete Essen aufs Zimmer gebracht. Ich sehe das ein, dass sich meine Mutter zwingen muss, wenigstens die paar Schritte (vielleicht 25 m) zu gehen, auch wegen des Kontakts, den sie vielleicht noch finden kann. Aber die anderen Bewohner reden gar nicht, die meisten sind so stumm und meine Mutter würde wenigstens noch mal ein paar Worte wechseln.
Einmal habe ich sie besucht und sie lag wie eine arme Maus auf ihrem Bett und sagte, sie könne heute nur liegen. Dann aber musste sie zum Essen gehen. Ich hatte mich mit angemeldet, weil ich dachte, dann essen wir zusammen und sie fühlt sich wohler. Aber sie konnte einfach nicht, sie weinte und ich konnte in diesem Moment selbst die Tränen nicht mehr verbergen. Ob meine Mutter das mitgekriegt hat, weiß ich nicht. Als sie dann am Tisch saß, wirkte sie im Verhältnis ganz entspannt.
Aber es stimmt, sie blockt permanent ab. Das Essen schmeckt nicht, sie will die Namen der Pfleger nicht wissen, nur noch sterben usw. Dann wurde mir empfohlen, ihr Geld, was sie mitgenommen hatte in einer großen Geldbörse, worin sich auch Rentnerausweis, KK-Karte, Personalausweis und Telefonnummern befanden, an mich zu nehmen, weil es sonst noch weg käme. Ich habe es gemacht, und meine Mutter sagte nur: "Nun ist meine ganze Selbstständigkeit weg." Am nächsten Tag habe ich ihr die Sachen wiedergebracht und gedacht, dann kommt es vielleicht eben weg. Sie war richtig - kurzfristig - darüber froh.
Hoffentlich passiert es doch noch, dass sie sich ein wenig eingewöhnt. Dabei ist es noch nicht mal sicher, dass sie ein Pflegestufe bekommt. Jetzt ist sie nach einem KH-Aufenthalt in Kurzzeitpflege, die sie erst einmal selbst bezahlen muss. Letztes Jahr wurde der Antrag abgelehnt, weil sie sich noch alleine Essen zubereiten konnte (alos nichts aß und immer dünner wurde) und noch alleine waschen konnte. Dabei ist sie total gebrechlich!
Ich betrachte so etwas als Tragödie für alle Menschen, die nicht freiwillig ins Heim gehen. Ich habe in ihrer Wohnung übernachtet und dort sah es genauso aus wie immer, als käme sie gleich wieder. Das zerknautschte Kissen ihres Fernsehsessels, der Einkaufszettel in der Küche, die aufgeschlagene Zeitung, ihre Teekanne ... Wie gehen denn bloß die anderen Angehörigen damit um??? Selbst für mich ist das ein riesiger Abschied. Wie muss es denn bloß meiner alten Mutter gehen?
Alma, du hast die Situation besonders gut beschrieben ... _________________ Im Forum seit 2000, ED 2/2000, Ablatio bds., mehrere missl. Aufbauversuche, seither Dauerschmerzen. 2006 diffuse Mamma-Fernmetastasen im Bereich Bauchspeicheldrüse, inoperabel (Peritonealkarzinose); Magen/Gallenausgang verlegt, seit Oktober 2006 Femara
deine Darstellungen kann ich sehr gut nachvollziehen.
Sie haben mich tief berührt, vieles ist auf den Punkt sehr zutreffend; da meine Anmerkungen auch aus der Angehörigen – Sicht erfolgen.
Erfahrungswerte zugrunde legend wäre es für deine Mutter sowohl als auch für dich nahe liegend, ein Heim in deiner Nähe zu wählen, bevor die Übergangslösung in den direkten Umzug erfolgt.. Trost – Momente können aufkommen, - die wegen der Entfernung "abseits“ stehen würden.
So kannst du ihr nahe sein. Für deine Mutter könnte das ein "Schutzmantel“ bedeuten, der ihr Geborgenheit und Wärme gibt, dass das Band nicht zerrissen wird.
Einfach da - zu - sein!, - miteinander in die Arme nehmen, weinen, trösten und sich fallen lassen!
Deine Mutter sollte unbedingt in die Überlegungen mit einbezogen und ihre Wünsche müssen respektiert werden.
Diese neue Situation zu begreifen, ist sehr schwer. Man muss sich "arrangieren", - sonst überwiegen die Gefühle und man wird "zerrissen.“
Das ändert jedoch nichts an den Begebenheiten, wenn keine andere Möglichkeit der Versorgung erfolgen kann!
Man muss lernen damit umzugehen, jeden Tag ein wenig mehr loszulassen.
Das gehört zum eigenen Leben und zu einem gelebten Leben.
Vielleicht sind meine erneuten Ausführungen ein wenig hilfreich, die sehr belastende Situation neu zu bedenken, um den "Knoten“ ein wenig zu entwirren.
Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht für das, was vor dir liegt.
Alles Gute für dich und deine Mutter.
Liebe Grüße
Alma
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"Die Schutzengel unseres Lebens fliegen manchmal so hoch, dass wir sie nicht sehen können, doch sie verlieren uns niemals aus den Augen."Jean Paul
Besteht denn nicht die Möglichkeit, dass du deine Mutter in ein Heim unterbringst was ganz in deiner Nähe liegt? Dann ist es auch für dich nicht so stressig dahin zufahren und du bekommst ihren Verlauf intensiver mit. Auch könntest du sie dann mal am We für ein paar Std. zu dir holen. Noch hat sie sich in dem Heim, wo sie jetzt ist, nicht richtig eingelebt, d.h. es wäre nicht so schlimm wenn sie noch mal von vorn anfangen müsste.
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 1353 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 05.08.06, 20:50 Titel:
Hallo Lydi,
meine Mutter möchte die Stadt nicht wechseln.
In den Wochen schien sie sich auch ein wenig eingelebt zu haben; jedenfalls hatte ich schon ein ruhigeres Gefühl. Sie verlangte sogar nach ihrem vielgeschmähten Hörgerät.
Leider hat sie sich am letzten Montag im Heim einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen! Sie ist im Bad gefallen. Nun auch noch das. Sie ist bereits operiert und totunglücklich.
Gruß
Karin _________________ Im Forum seit 2000, ED 2/2000, Ablatio bds., mehrere missl. Aufbauversuche, seither Dauerschmerzen. 2006 diffuse Mamma-Fernmetastasen im Bereich Bauchspeicheldrüse, inoperabel (Peritonealkarzinose); Magen/Gallenausgang verlegt, seit Oktober 2006 Femara
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