Navigationspfad: Home
medizin-forum.de :: Thema anzeigen - Ärztl. Schweigepflicht vs. Verwandte
Deutsches Medizin Forum
Foren-Archiv von www.medizin-forum.de
Achtung: Keine Schreibmöglichkeiten! Zu den aktiven Foren wählen Sie oben im Menü "Foren aus!
 
 SuchenSuchen 

Ärztl. Schweigepflicht vs. Verwandte
Gehen Sie zu Seite Zurück  1, 2
 
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    medizin-forum.de Foren-Übersicht -> Medizinische Ethik
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
christine16
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 19.07.2005
Beiträge: 1155

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 14:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
Zitat:
Anderes Beispiel: ein Mann geht zur Routineuntersuchung und erhält die Diagnose Krebs. Er muss ins Krankenhaus zur Chemo und Bestrahlung, ist körperlich und geistig noch fit. Etwas später sagt der behandelnde Arzt der Frau und der Tochter des Mannes, dass er nur noch etwa 2 Jahre zu leben hat und überlässt es ihnen, es ihm mitzuteilen oder nicht. Sie beschließen, es ihm nicht zu sagen damit er den kurzen Rest seines Lebens noch möglichst unbeschwert genießen kann.
Wie kann so etwas sein?

Zitat:

Eine 24-jährige Frau trug immer einen Notfallpass bei sich, darin stand nur ihr Partner als "im Notfall zu verständigende Person". Sie lebte nicht mehr bei ihren Eltern und in einem anderen Bundesland, und sie hatte gar keinen guten Bezug zu den Eltern, telefonierte bloß in relativ regelmäßigen Abständen mal mit ihnen. Als sie über eine Woche über Fernmeldemittel nicht zu erreichen war, machten die Eltern sich Sorgen, klapperten telefonisch die Krankenhäuser ab und fuhren zu jenem, in dem sie lag. Dort sagte man ihnen (als Eltern): "Ihre Tochter hat versucht sich das Leben zu nehmen, ihr Zustand ist einigermaßen stabil..." Und die junge Frau bekam durch diese Informationsweitergabe die Hölle auf Erden von ihrem Vater zu spüren, selbst hätte sie das nie preisgegeben...

Sowas versteh' ich halt nicht...

Klar, ihr Partner wurde auch (sofort) informiert, er stand ja im Notfallausweis, doch der Rest konnte nicht unterbunden werden.

Zu obgenannten Fällen gebe ich Ihnen Symantha und Cerealkiller schon Recht, dass HIER die Schweigepflicht gebrochen wurde, daher die Vorgangsweise NICHT richtig war.
---------
Aber einige andere Passagen haben mich persönlich schon getroffen und möchte mich (doch) dazu äußern - weil ich diese SO nicht stehenlassen kann/will:
Cerealkiller hat geschrieben:
Zitat:
Eine Frage ist noch offen: Was bewegt einen dazu Angehörige so bereitwillig zu informieren? Ist es die Selbstsicherheit, dass das eigene Ermessen wichtiger und richtiger ist als geltendes Recht? Ist es der "Herdentrieb", wenn alle es tun, dann tu ich es auch? Andere Gründe?

Dr. Flaccus hat geschrieben:
Zitat:

Ist ein weinender, verzweifelter Angehöriger ein solcher Grund?

Antwort von Cerealkiller:
Zitat:
Nein, es steht doch nicht im Gesetz, dass der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden wird, wenn der Fragende weint - also hat er sich daran zu halten.

Dr. Flaccus:
Zitat:
Wie würden Sie selbst als naher Angehöriger ein Schweigen des Arztes empfinden?

Nun, dann lege ich mal los:
Aufgrund eines Arztfehler (ist ne andere leidvolle Geschichte ...) wurde ich vom Krankenhause A ganz hektisch (warum erfuhr ich erst später) in den Notarztwagen verfrachtet und ins Krankenhaus B transferiert. Voller Schmerzen und Angst 'erlebte' ich alles so ziemlich 'daneben'. Wie aus der Ferne hörte ich wie eine Ärztin zu mir sagte:
"wir haben Ihren Mann schon verständigt ....." ... d.h hier wurde eigentlich formal gesehen die Schweigepflicht gebrochen - und auch später ....
Im Krankenhaus B war mein Mann gerade gekommen, als ich mit KW eingeliefert wurde. Ich hörte: "was ist mit meiner Frau? ..." Ich selbst, besser gesagt, mindestens 4 Ärzte waren mit mir 'beschäftigt' - wusste gar nicht, was, weshalb etc. mit mir geschieht. Weiß nur, dass alle ziemlich nervös, hektisch waren. Mein Mann 'durfte' mich sogar zum CT begleiten und später dann eben in die Intensivstation. Nun genug davon, es geht hier ja um die Schweigepflicht:
Später nach 5 Wochen als ich wieder zu Hause war, habe ich meinen Mann gefragt, wie es 'damals' war. In DIESEM Fall wusste er als Angehöriger von meinem Zustand mehr (früher) als ich selbst! Er hatte sogar mit dem Chefarzt dort gesprochen ....., Mein Mann fand DAS ziemlich in Ordnung, er meinte sogar zu ihm: "danke, dass Sie so offen zu mir waren .... passen Sie auf meine christine auf ...."
In meinem Fall wurde zwar die Schweigepflicht gebrochen - (ich wurde ja gar nicht gefragt .....) also RECHTLICH war es NICHT richtig - aber MENSCHLICH gesehen schon!
Wie hätte es denn ablaufen sollen? Mein Mann hätte sicher nicht verstanden, wenn das große Schweigen gewesen wäre .....

Sie können sich vielleicht vorstellen, dass es mir nicht leicht gefallen ist, darüber zu schreiben - aber eben bestimmte Aussagen haben mich dazu nun doch bewogen .....

Ich respektiere sehr wohl die Meinungen von Cerealkiller / Symantha (siehe oben) betreffend der 2 Fälle - aber wie schon erwähnt, kann ich manchen Aussagen nicht zustimmen.

Sosehr ich das Gesetz der Schweigepflicht verstehe und auch unterstütze (Dr. Flaccus hat das schon sehr gut erklärt - auch diese Gradwanderung), meine ich aber auch, dass es auf die SITUATION, UMSTÄNDE ankommt - wie der Arzt letztendlich entscheidet.

Liebe Grüße
Christine
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
dora
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 27.12.2006
Beiträge: 1319

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 16:54    Titel: Antworten mit Zitat

Susanne.Reuter hat folgendes geschrieben::
Nur mal so eingeworfen:

Ich habe im Krankenhaus erlebt, dass man (unfreiwilliger Weise) sehr viel üer die Krankheit / Behandlung seines Zimmernachbarn erfährt. Weil man zwangsläufig bei der Visite anwesend ist und eben auch sonst "nahe dran". So gut kann man gar nicht weghören. Selbst wenn man möchte.

Das finde ich persönlich zum Teil viel schlimmer, als wenn ein "naher" Verwandter solche Infos (ungewollt) erhält.

Susanne


gerade das ist für mich eigentlich auch das Schlimmste was ich mir in diesem Zusammenhang vorstellen kann. Ich hab das schon persönlich erlebet, wie Patienten mit ihrem Besuch die Krankengeschichte der Zimmernachbarn durchgehechelt haben ( schlimm ).
Ich persönlich bin dafür, dass sich der Arzt und auch das med. Personal an die Schweigepflicht hält, weil ich solange ich mündig bin nicht möchte, dass man persönliche Dinge über mich weitergibt. Wenn ich das will, tu ich das selbst.
Ich denk mal das Gesetz gibts, und muss eingehalten werden. Da gibts doch keine Diskussion Frage Wozu sind denn Gesetzte da Frage


Gruß dora
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Susanne.Reuter
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 21.05.2005
Beiträge: 3513

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiss aber ehrlich gesagt auch nicht wie man das im Krankenhaus-Alltag vermeiden kann. Selbst wenn man seine persönlichen Umstände nicht haarklein erzählt - der Nachbarn hört ja zwangsläufig alles mit. Und man kann ja schlecht die anderen Patienten während der Visite aus dem Zimmer schicken (oder sie in ihren Betten raus schieben).

Mit meiner Zimmernachbarin habe ich mich gut verstanden und wir haben auch über vieles privat gesprochen. Dennoch möchte man ja nicht unbedingt alles 'veröffentlichen' und deshalb eine gewisse Kontrolle haben, was da bekannt wird.

Es kann unter Umständen ja auch peinlich sein oder andere unangenehme Folgen haben.

Susanne
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
christine16
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 19.07.2005
Beiträge: 1155

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Susanne, Dora,

1. Es 'beginnt' ja schon bei der Anamnesen-Aufnahme/Estellung. MUSS diese unbedingt am Krankenbett sein? Meistens ist das so, zumindest erlebte ich das oft (Arztzimmer war besetzt). Fragen wie z.B. Leiden Sie unter Durchfall, Verstopfung und manch andere doch 'peinliche' Fragen Weinen wie Susanne ja schon anmerkte.

2. Habe ich schon oft erlebt, dass der Arzt bzw. die Gruppe ..... schon beim NÄCHSTEN Patienten standen - und sich DORT noch von dem 'Fall' des vorigen oder anderen Patienten unterhielten / beratschlagten / Order gaben etc. somit ich

3. wenn es mir möglich war, ich halt hinausging, humpelte oder wie auch immer, das Zimmer verließ; na ja soferne ich schon 'dran' war Winken

Liebe Grüße
Christine
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Dr. A. Flaccus
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 06.03.2005
Beiträge: 3181
Wohnort: Hildesheim

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 19:17    Titel: Antworten mit Zitat

Guten Abend allerseits!

Zuersteinmal möchte ich hier etwas klarstellen:

Ich bin definitiv nicht für einen Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht. Im Gegenteil. Manchmal bin ich für Angehörige ein sehr schwieriger Gesprächspartner... Winken Vor allem am Telefon.

Aber ich bin eben auch im Medizinwesen tätig und versuche daher, in dieser sehr interessanten Diskussion das Spannungsfeld zu beleuchten, in dem wir Ärzte (aber auch alle anderen Mitarbeiter eines Krankenhauses, der Rettungsdienst u.v.m!!!) uns befinden. Da ist eben nicht immer alles schwarz oder weiß, sondern besteht auch vielen Grauzonen.

Die Situation im Dreibettzimmer ist so eine Grauzone, aber wie will man das lösen?
Der Umkehrschluß wäre: Der Pat. erfährt erst bei seiner Entlassung per Brief, was die letzten fünf Wochen eigentlich los war... Winken
Oder er bemüht sich, schnell wieder aus dem Bett zu kommen, damit er es zum persönlichen Gespräch ins Arztzimmer schafft.

Wie gesagt: Die Kunst ist es, den "goldenen Mittelweg" zu finden und allen ein wenig gerecht zu werden. Das gelingt nicht immer, manche geben sich aber auch gar keine Mühe. Traurig

Ich will mal ein Beispiel geben:

Sie kommen abends heim, Ihr Partner ist nicht da. Ganz aufgeregt erzählen Ihnen die Nachbarn, Ihr Partner sei "mit Blaulicht" ins Krankenhaus X gekommen. Sie fahren dort hin, Sie weisen sich als Ehepartner aus, aber das Personal will Ihnen nicht mal verraten, ob Ihr Partner dort überhaupt eingeliefert wurde.
Alles völlig korrekt.
Und nun?

Bin mal gespannt auf die Vorschläge.

Gruß
A. Flaccus
_________________
Dr. A. Flaccus
Facharzt für Anästhesie
- Notfallmedizin -
DMF-Moderator
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
cerealkiller
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 23.03.2006
Beiträge: 179
Wohnort: daheim

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

@Christine16: Da hattest du wohl Glück, weil deine Ehe harmonisch läuft. Eine Freundin von mir kämpft gerade mit ihrem Noch-ehemann im Zuge des Scheidungsverfahrens um das Sorgerecht für ihren gemeinsamen Sohn. Sie hätte bestimmt weniger Freude gehabt, wenn man ihren Noch-Ehemann ihr Noch-Ehemann erfahren hätte, dass sie für einige Wochen "ausser Gefecht" ist. Daraus würden ihr bestimmt Nachteile entstehen.

Wenn du diese Info bei dir trägst, dann kannst du deinen Mann völlig legal bei dir haben - weil es ja dann dein ausdrücklicher Wunsch ist, dass er informiert wird.

Ich für meinen Teil hab gern wenig bis garkeinen Besuch, wenn ich mal im KH sein muß - mein Mann macht mich höchstens nervös, weil der ein viel ausgeprägteres Sicherheitsdenken praktiziert als ich. Da muß ich mir dann Sorgen machen, ob er sich nicht zuviele Sorgen macht, dasselbe bei meiner Mutter, daher entscheide ich gern SELBST wem ich wieviel Detailinfo zukommen lasse. Wenn mir dann jemand, der von rechts wegen NICHTS sagen dürfte zuvorkommen, dann ärgert mich das natürlich sehr. Meine Mutter hat auch so schon genug Sorgen, die würde ich wohl überhaupt erst hinterher informieren, wenn alles (hoffentlich) gut ausgegangen ist - nicht um ihr etwas zu verheimlichen sondern nur um sie etwas zu schonen, sie hat schon mehr als genug um die Ohren.

Das mit den Zimmerkollegen bei der Visite ist unangenehm, aber da sehe ich keine Möglichkeit, wie man das vermeiden könnte (ausser vielleicht mp3-player aufsetzen, solange die anderen dran sind). Insgesamt finde ich das aber weniger ärgerlich, weil ich zu denen ja keine persönliche Beziehung habe, wie zu meinen Eltern, Freunden, Nachbarn usw. dh der vergisst mich wieder, ich vergesse denjenigen/diejenige auch wieder. Ausserdem quasselt man ja auch miteinander, wenn man sich tagelang gezwungenermaßen auf der Pelle hängt, dh. man weiß vermutlich schon VOR der ersten Visite die halbe Lebens- und Krankengeschichte des Bettnachbarn. Was ich aber nicht einsehe ist, dass mein Besuch quasi vorher oder nachher zu einem Arzt gehen kann und sich informieren kann was ich habe - und zwar genauer als ich es von mir aus zu erzählen bereit bin.

Der Arzt ist dem PATIENTEN verpflichtet - nicht dem Besuch. Ich hab mich früher schon öfters gewundert was mir so alles erzählt wird - tw auch ungefragt und bis in die Details, dachte aber auf Grund der Selbstverständlichkeit mit der das gemacht wird, dass es erlaubt und normal ist. Die Hälfte davon wollte ich garnicht wissen, die andere Hälfte hat man mir wohl "im stillen Einverständnis" mit den jeweiligen Patienten erzählt - aber dennoch ist die Sache nicht SAUBER abgelaufen. Wenn man mir garnichts erzählt hätte, dann hätte ich eben gewartet bis der Patient es zulässt, und wenn nicht, dann nicht. Ich bin doch kein Baby mehr, das halt ich schon aus.

Für mich, als jemand, der einen Arzt als VERTRAUNSPERSON betrachtet hat ist das einfach erschreckend. Und was die Motivation für diese Redseligkeit ist verstehe ich auch nach wie vor nicht. Es gibt Branchen, in denen wird man rausgeschmissen und verklagt, wenn man Betriebsgeheimnisse ausplaudert. Wozu gibt es das Gesetz, wenn sich soviele nicht dran halten? Da drängt sich mir wirklich die Frage auf, ob andere Gesetze und Dienstvorschriften auch einfach umgangen werden, wenn das eigene Ermessen sie nicht "nützlich" findet. Sorry, sowas fördert sicher nicht mein Vertrauen in die Ärzteschaft.
_________________
Die Schlauheit des Fuchses resultiert zu 90 % aus der Dummheit der Hühner.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Susanne.Reuter
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 21.05.2005
Beiträge: 3513

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe da auch keine Patentlösung.

In dem von Herrn Dr. Flaccus beschriebenen Fall wäre ich sowohl als Partner als auch als Patient wahrscheinlich entäuscht / verärgert, wenn diese Auskünfte nicht weiter gegeben würden. Ehrlich gesagt wäre ich wahrscheinlich die Erste die "Warum machen Sie denn da jetzt keine Ausnahme?" fragen würde. Das muss ich zugeben. Obwohl ich sonst sicher eher auf Verschwiegenheit bestehen würde. Verlegen

Ich sehe die Schwierigkeit für den Arzt sehr wohl ein. Das ist ein echter Spagat. Hier in der Diskussion zeichnet sich ja schon sehr ab wie unterschiedlich das gesehen wird. Und dann macht man das sicher auch von verschiedenen Situationen abhängig. Ich glaube der Arzt ist so oder so der "Böse" (und das meine ich nicht ironisch).

Susanne
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Symanta
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 10.02.2005
Beiträge: 174
Wohnort: Thüringen

BeitragVerfasst am: 03.06.07, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

Ich drehe mich da nun gedanklich schon sehr im Kreis... Nachvollziehen kann ich alle Seiten, die des Arztes, die eines Verwandten... dennoch vertrete ich unbedingt nach wie vor den Standpunkt, der Patient steht an erster Stelle.


Ausrufezeichen
Wenn es schon immer so gewesen wäre, dass NIEMAND über den Patienten Auskunft bekommt, (allerhöchstens jene Vertrauensperson die der Patient [bei Bewusstsein oder im Notfallpass] angegeben hat), würde auch keine unberechtigte Person den Arzt deswegen traktieren (können) - dann wäre es halt (schon immer) die normale Regel an die sich alle zu halten haben. Wie es z.B. in einer Arztpraxis der Fall ist, hier weiß schließlich auch jeder, dass er nicht einfach hineinspazieren und Infos über einen Patienten einfordern kann.

Über die Sache mit den Visiten am Bett habe ich mich ebenfalls immer tierisch aufgeregt. Vor allem auch in der Psychiatrie / Psychosomatik, wo normalerweise alle Patienten problemlos ins ärztliche Sprechzimmer gehen können und wo man besonders persönliche / intime Dinge besprechen muss, finde ich das nicht korrekt. Auf normalen Krankenhausstationen konnte ich immer noch darüber hinweg sehen, dass Zimmergenossinnen (die ja sonst null Bezug zu mir haben) meine Symptome etc zu hören bekommen, doch in der Psychiatrie ging es mir irgendwann zu den Visiten am Bett stets nur "gut", da ich zu einer Mitpatientin auf dem Zimmer absolut kein Vertrauen haben konnte. Das hat (mitunter) die Gesamttherapie letztendlich wohl ziemlich beeinträchtigt.

Freundliche Grüße
_________________
Mens sana in corpore sano ... sit!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alba
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 23.02.2005
Beiträge: 84

BeitragVerfasst am: 04.06.07, 06:34    Titel: Antworten mit Zitat

Dr. A. Flaccus hat folgendes geschrieben::
Sie kommen abends heim, Ihr Partner ist nicht da. Ganz aufgeregt erzählen Ihnen die Nachbarn, Ihr Partner sei "mit Blaulicht" ins Krankenhaus X gekommen. Sie fahren dort hin, Sie weisen sich als Ehepartner aus, aber das Personal will Ihnen nicht mal verraten, ob Ihr Partner dort überhaupt eingeliefert wurde.
Alles völlig korrekt.
Und nun?

Hallo,
ich stelle mir diese Situation besonders schrecklich vor. Zwar wäre in so einem Fall dem Gesetz, also einer abstrakten Vorgabe Genüge getan, doch wäre es für die (mit)betroffenen Angehörigen ein dermaßen unmenschliches Verhalten, daß ich dann schon lieber jenen Balanceakt, jene rechtliche Grauzone in Kauf nehme.
Ärzte, eine Medizin, die sich formal korrekt hinter einer abstrakten Gesetzlichkeit verstecken, machten mir viel mehr Angst als ein möglicher Verstoß gegen die Schweigepflicht.

Wenn ich selbst hilflos und nicht ansprechbar irgendwo eingeliefert würde, möchte ich daß mein Partner alle Auskünfte, auch die intimsten, bekommt, um für mich entscheiden zu können.
Sollte nun zufälligerweise auch meine Mutter, der ich solche Sorgen eigentlich nicht zumuten möchte, Entsprechendes erfahren, dann wär das eben so, und ich würde niemandem deswegen einen Vorwurf machen.
Ich denke, die Mehrzahl von Patienten und Ärzten geht da von normalen Beziehungen innerhalb einer Familie aus und nicht von einem gestörten Verhältnis zu den eigenen Eltern oder zum Partner. Für letzteres wüßte ich keine Lösung.

Kann man denn mittels einer Vorsorgevollmacht oder so festlegen, daß im Fall des Falles nur Person A zu verständigen sei, die dann alles weitere übernimmt?

Freundliche Grüße von Alba
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
cerealkiller
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 23.03.2006
Beiträge: 179
Wohnort: daheim

BeitragVerfasst am: 04.06.07, 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Du darfst als Patient jederzeit bestimmen, wer zu verständigen ist und wer informiert werden darf, das passiert dann auch. Tatsache ist aber, dass du trotzdem damit rechnen musst, dass mehr Leute informiert werden als du angegeben hast - vermutlich so ziemlich jeder Verwandte, der ein bißchen auf die Tränendrüse drückt. Die Natur-Heul-Methode öffnet Türen, die einem sonst verschlossen blieben.

Zitat:
Sie kommen abends heim, Ihr Partner ist nicht da. Ganz aufgeregt erzählen Ihnen die Nachbarn, Ihr Partner sei "mit Blaulicht" ins Krankenhaus X gekommen. Sie fahren dort hin, Sie weisen sich als Ehepartner aus, aber das Personal will Ihnen nicht mal verraten, ob Ihr Partner dort überhaupt eingeliefert wurde.
Alles völlig korrekt.
Und nun?


Naja das würde bei uns so nicht vorkommen, weil meine Schwiegereltern unsere nachbarn sind und mein Schwiegervater (Rentner haben ja viel Zeit) sofort die "Verfolgung" aufnehmen würde und meine Schwiegermutter Telefonterror im KH machen würde ........ dh. ich wüsste wohl schon den Unfallhergang, bevor der NAW im KH eingetroffen ist

Aber mal rein hypothetisch: festzustellen, ob jemand in einem KH liegt ist relativ leicht. Eine gute Freundin von mir ist Polizistin, ich würde sie bitten anzurufen, oder, falls die grad frei hat einfach die Tasche packen, zum Portier gehen und mit einem zuckersüßen Augenaufschlag sagen: Ich bringe die Sachen für Herrn XY, der ist heute bei ihnen eingeliefert worden, wo muß ich denn da hin? Dann wird er einen Blick in seinen computer werfen und entweder sagen: haben wir nicht (dann ginge die Suche weiter) oder er sagt mir den Weg.... Im Krankenhaus ist man in der Regel ganz gut aufgehoben, dh. ich kann auch ruhig ein bißchen warten bis sie bereit sind mir die Details zu erzählen. Natürlich würd ich mich sorgen, aber das halt ich aus. Das ist mir (und auch ihm) lieber, als wenn schon der halbe Ort seine Blutwerte kennt, bevor er aus dem Koma erwacht.

Ich bin nicht die Sorte Mensch, die nur dann auf Regeleinhaltung besteht, wenn es zum eigenen Vorteil ist - ich würde das natürlich auch dann akzeptieren und gutheissen, wenn ich selbst die bin, die warten und auf Nadeln sitzen müsste.
_________________
Die Schlauheit des Fuchses resultiert zu 90 % aus der Dummheit der Hühner.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
bubble
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 30.03.2005
Beiträge: 122

BeitragVerfasst am: 18.06.07, 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

hallo!

Ich würde zu diesem Thema auch gerne meinen Senf geben. Bei meinem letzten ernsthaften Krankenhausaufenthalt (wurde notoperiert weil ich eine Bauchfellentzündung hatte), war der einzige, der genaue Auskunft erhielt mein Mann, eben weil er mich selbst dorthin brachte und es zu entscheiden galt, wie wichtig die Familienplanung für uns sei . Meinen Eltern und Geschwistern wurde keine Auskunft erteilt, nur eben, dass ich die OP gut überstanden hatte. Ich persönlich empfand das Verhalten der Ärzte als absolut korrekt, denn es oblag mir selbst, ob ich erzählen wollte, wie´s meinen Eierstöcken geht, oder ob ich sie noch besitze. Das sind persönliche Dinge, die ich vielleicht meiner Mutter, aber bestimmt nicht meinem Vater erzählen möchte, und wenn schon Information an Verwandte gegeben wird, wer entscheidet dann, ob der Vater nun eine Vertrauensperson ist, oder die Mutter, oder beide, oder keiner?
(Auch meine Familie war nicht böse über die Verschwiegenheit der Ärzte, sie wussten, dass es mit soweit gut ging und das reichte vorerst, bis ich selbst wieder ansprechbar war)

Wie ich hier in Tread lese, gilt es meinem damaligen Krankenhaus dafür zu danken, dass sie sich ans Gesetz gehalten haben. Das nächste Mal erwarte ich auch Dank vom Fussgänger, für den ich am Zebrastriefen gehalten habe! Cool


gruss

bubble
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
listener
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 31.10.2005
Beiträge: 138
Wohnort: Raum Darmstadt

BeitragVerfasst am: 11.09.07, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Puuuhh,

kompliziertes Thema das! Ich denke mal die letzte Wahrheit wird schwer zu finden sein weil es - wie so oft - für beide Seiten einige gute Gründe gibt.

Wie Dr. Flaccus so richtig bemerkte ist der Großteil der Fälle eher grau statt schwarz oder weiß. Bin ich der besorgte Ehemann dann freue ich mich wenn der Arzt mir Auskunft gibt, ganz egal was in welchem Gesetz steht.
Bin ich der Mann der sich gerade von seiner Frau getrennt hat und findet das sie mein Zustand nichts angeht, dann bin ich froh wenn sie nichts gesagt bekommt.

Oder wie mir gerade passiert (Rotes Kreuz) Patient bei Veranstaltung kollabiert, kommt ins Krankenhaus. Patient war aber mit Reisegruppe im Bus angereist. So, was jetzt? Busfahrer will wissen was los ist: Kann er fahren oder nicht? Soll er warten? Bleibt der Patient im Krankenhaus? Oder wird er entlassen?

Nicht einfach...

Michael
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
kleinerkrümel
Interessierter


Anmeldungsdatum: 05.07.2008
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 05.07.08, 21:10    Titel: wie erwähnt-echt ein umstrittenes thema Antworten mit Zitat

guten abend,
auch ich musste schon wegen verletzung des schweigepflicht-rechts leiden. 2007 litt ich an einer lungenentzündung an der ich fast starb, doch soweit kam es nur wegen ärztlichem versagen. mehrere ärzte hatten mir gesagt, dass ich nur hyperventiliere, bis ich bald kaum noch laufen o stehen konnte. im kh kam die diagnose lungenentzündung u wurde an viele schläuche u kanülen gesteckt. man handelte schnell u ich war an mehrere apparate "gebunden" aber die diagnose oder dass es ernst ist, erfuhr ich erst durch meine mutter, die in einem anderen land wohnt und das erst am tag danach. andere verwandte wurden auch informiert aber ich wurde völlig ausgelassen. deshalb frage ich mich-gibt es keine schweigepflicht für ärzte mit minderjährigen patienten?
MFG
kl. krümel
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Dr. A. Flaccus
DMF-Moderator


Anmeldungsdatum: 06.03.2005
Beiträge: 3181
Wohnort: Hildesheim

BeitragVerfasst am: 07.07.08, 07:00    Titel: Antworten mit Zitat

Guten Tag!

Bei Minderjährigen hängt die Sache natürlich von der Art der Erkrankung und vom Alter des Patienten ab.

Mit einer 17jährigen wird man da sicher anders verfahren, als mit einem fünf oder neunjährigem Patienten.

Dies ist letztlich eine Einzelfallentscheidung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
_________________
Dr. A. Flaccus
Facharzt für Anästhesie
- Notfallmedizin -
DMF-Moderator
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Barca
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied


Anmeldungsdatum: 24.05.2008
Beiträge: 508
Wohnort: USA & D

BeitragVerfasst am: 24.07.08, 20:31    Titel: Re: Ärztl. Schweigepflicht vs. Verwandte Antworten mit Zitat

Symanta hat folgendes geschrieben::
Noch eine andere Frage: warum darf die Verwandtschaft im Falle eines Todes ein Veto zur Organspende einlegen, obwohl der Verstorbene einen entsprechenden Ausweis besaß und es somit deutlich sein Wunsch war?


wo / wann ist das passiert? Der schriftliche Wille des Patienten ist für den Arzt bindend, die Angehörigen haben sofern eine gültige Erklärung zur Organspende vorliegt, kein Vetorecht, es sei denn, sie können nachweisen, dass der Patient zum Zeitpunkt der Unterschrift nicht zurechnungsfähig war, was sehr schwer sein dürfte.

Bei uns gilt das (schriftliche) Wort des Patienten, wenn er der Organentnahme zugestimmt hat, gilt das, die Angehörigen werden dann darüber informiert, wenn es soweit ist, aber nicht gefragt. Sollte er es ausgeschlossen haben, dann gilt auch das, selbst wenn die Angehörigen die Organentnahme wünschen, so wird der Eingriff nicht durchgeführt - weil der Patient zu Lebzeiten anders verfügt hat.
Die Angehörigen werden bei uns nur gefragt, wenn keine Entscheidung des Patienten vorliegt / bekannt ist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge vom vorherigen Thema anzeigen:   
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    medizin-forum.de Foren-Übersicht -> Medizinische Ethik Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehen Sie zu Seite Zurück  1, 2
Seite 2 von 2

 
Gehen Sie zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group
© Deutsches Medizin Forum 1995-2019. Ein Dienst der Medizin Forum AG, Hochwaldstraße 18 , D-61231 Bad Nauheim ,HRB 2159, Amtsgericht Friedberg/Hessen, Tel. 03212 1129675, Fax. 03212 1129675, Mail jaeckel@medizin-forum.de.